24
III. Abschnitt.
sonders ist das, wie wdr weiter unten sehen werden, bei denjenigen
Verkehrswegen der Fall, die, wie unsere Adhäsionsbahnen, eine starke
Abhängigkeit von den Böschungswinkeln des von ihnen durchzogenen
Geländes zeigen, also gerade bei den wichtigsten aller heutigen Ver
kehrsstraßen.
Wir tun daher gut, bei der Behandlung von Fragen des Land
verkehrs unser Augenmerk zunächst auf die Hindernisse zu richten,
welche jene Verlängerung jener geraden Linie zwischen zwei Punkten
zur Folge haben. Denn die Berücksichtigung dieser Hinderungen
ist es in erster Linie, die uns den Einfluß des festen Landes auf den
Verkehr selbst am deutlichsten erkennen läßt.
Die Hindernisse des Verkehrs auf dem Festlande
sind keineswegs auf die horizontale und auf die vertikale Ablenkung
der geraden Linie zwischen zwei Punkten bis zu der Gestalt der tat
sächlich zwischen ihnen bestehenden Verkehrslinie beschränkt. Vielmehr
können solche infolge des Vorhandenseins von Sümpfen, weich -
gründigem Boden und anderen in der Zusammensetzung des Unter
grundes beruhenden Unzuträglichkeiten gegeben sein. Am häufigsten
sind sie in den die Verkehrslinien kreuzenden Wasserläufen gegeben.
Ist auch in all diesen Fällen die durch solche Flachhindernisse ver
ursachte Ablenkung nur gering oder unter Umständen überhaupt nicht
vorhanden, so wirken sie in wirtschaftlicher Hinsicht doch gerade so
ungünstig wie eine etwaige Verlängerung des Verkehrsweges, denn
auch sie verteuern infolge der durch sie verursachten Verteuerung
der technischen Verkehrsanlagen den Betrieb bzw. die Kosten des
Transports.
Beispiel: Wie umständlich die Anlage eines Verkehrsweges durch solche hier
als Flachhindernisse bezeichneten Erscheinungen werden kann, zeigt sich namentlich
in der Tropenzone, ganz besonders aber in den regenreicheren Teilen dieser Erd
gegenden. So betont v. Bockelmann von der von Deli in das Innere von Sumatra
führenden Eisenbahn, die im allgemeinen ebenes Gelände durchzieht, daß die beim
Bau zu überwindenden technischen Schwierigkeiten vornehmlich im Aufschütten von
Dämmen durch die oft unergründlichen Mangrovesümpfe und in der Ueberbrückung
nicht weniger Gewässer lagen. Mißt doch die längste Brücke dieser Bahn, die über
den Kwala Deli, 380 m, die in 23 Spannungen überwunden werden. Man bedenke
auch, daß gerade in den Tropen und besonders in den Monsungebieten der Gegen
satz zwischen der trocknen und der nassen Zeit so groß ist, daß selbst kleine
Wasserläufe häufig ein sehr ausgedehntes Ueberschwemmungsgebiet besitzen, und
daß infolgedessen die Länge der Brücken selbst über Bäche und Flüßchen recht
bedeutend ist.
Auch bei uns kann die Notwendigkeit, zahlreiche Brücken anzulegen, sogar in
der Ebene unbequem werden. So sind selbst im nordostdeutschen Flachlande die
westöstlich gerichteten Bahnlinien zur Benutzung zahlreicher Flußübergänge genötigt.
Denn während auf der Strecke Berlin—Stettin nur auf je 33,7 km, auf der von
Berlin nach Stralsund nur auf je 28 km eine Brücke zu überschreiten ist, ist dies
auf der Bahnlinie Stettin—Danzig schon auf je 17,5 km, auf der Linie Stettin—Posen
sogar auf je 15,7 km der Fall.
Es sind denn auch die in der Ebene sich der geraden Wege
richtung entgegenstellenden Hindernisse selten die Ursache stärkerer
Abweichungen von der geraden Linie. Wo diese dennoch in größerem
Umfange vorhanden sind, da pflegen sie die Folge der Lage der zu
berührenden Städte zu sein. Wie außerordentlich günstig ebene Ge
staltung des Geländes auf die modernen Verkehrswege, also insonder
heit auf die Eisenbahn, wirkt, zeigt sich namentlich in der ober
deutschen Tiefebene, die in dieser Hinsicht sogar das norddeutsche
Flachland übertrifft. Denn hier, im ostelbischen Eisenbahngebiet,