Full text: Methodische Einführung in die allgemeine Wirtschaftsgeographie

§ 6. Geographische Grundlagen des Verkehrs usw. 37 
denen der Produktion, was die Bedeutung der ganzen Frage für die 
Wirtschaftsgeographie in um so hellerem Lichte erscheinen läßt. 
Alle Flüsse, selbst der gut bewässerten Zonen, an deren Füllung 
weder das Hochgebirge noch Seen von nicht allzu geringem Umfange 
beteiligt sind, unterliegen den Einwirkungen der Jahreszeiten und 
mehr noch denjenigen besonders feuchter oder trockener Zeiten in so 
hohem Grade, daß ihre Benutzbarkeit fast in jedem Jahre schon aus 
diesem Grunde eine sehr erhebliche Einschränkung erfährt. Das gilt 
nicht nur von solchen, deren Zuflußland, wie etwa die französischen, 
in einem Klimagebiet mit nicht besonders gleichmäßigen Nieder 
schlägen liegt, sondern das trifft selbst bei einem so großen Strome 
wie der Elbe in hohem Grade zu. Während die Eisstörungen an 
der unteren Elbe und Oder sich nur auf wenige Wochen (nach den 
Ergebnissen einer zehnjährigen Beobachtungsperiode) erstrecken, er 
reicht die Zeit auf der Oder zwischen Breslau und Stettin, während 
welcher mit voller Ladung gefahren werden kann, während der nicht 
durch Eis behinderten Monate eine Einschränkung auf etwa ein 
Viertel des ganzen Jahres! 
Daß das Hochwasser übrigens ebenso gut eine Hinderung der 
Binnenschiffahrt bedeutet wie das Niedrigwasser, darf ebenfalls nicht 
unerwähnt bleiben. Daher sind in unseren Breiten diejenigen Ströme, 
die einen Teil ihrer Gewässer durch wildbachähnliche Bergflüsse noch 
im Mittellauf zugeführt erhalten, bei denen daher leichter als ander 
wärts Hochwassererscheinungen sich durchsetzen, weniger geeignet 
für eine ausgiebige Benutzung als solche, die wie die Seitenflüsse 
des unteren Rhein vorwiegend von niedrigem Hochlande aus ihre 
Wasserzufuhr empfangen. 
Von besonderer Bedeutung in der Binnenschiffahrt sind natur 
gemäß diejenigen Teile der Flußläufe und der Kanäle, die in un 
mittelbarer Nähe des Meeres verlaufen oder in dieses selbst ein 
münden. Sie vermitteln nicht nur den Umladeverkehr zwischen der 
See und den Binnenwasserstraßen eines Landes, sondern sie sind in 
vielen Fällen als unmittelbare Fortsetzung der Seeschiffahrt in das 
Land hinein anzusehen. Bei den großen Strömen der Erde sind die 
untersten Laufstrecken oft genug die Träger zahlreicher Seeschiffe 
von oft sehr beträchtlichen Dimensionen. Doch gerade in diesem 
Falle sind es keineswegs immer die großen Flüsse, die sich des Vor 
zuges vor kleineren, aber günstig gelegenen erfreuen. So wird zwar 
die größte Schiffahrtsader des mittleren und westlichen Europas, der 
Rhein, neuerdings auch von Seeschiffen befahren, doch erreichen diese 
weitaus nicht die Größe der auf weniger wasserreichen, aber durch 
besonders günstige Einwirkungen geographischer Natur bevorzugten 
Flüssen verkehrenden Fahrzeuge. 
Dieser eigenartige Vorzug so vieler Flußunterläufe beruht auf 
den Wirkungen des Gezeitenstromes. Es ist klar, daß er nur den 
in freiere Meere mündenden Wasserläufen zuteil wird, so daß also 
das Gebiet der Nordsee, ganz besonders aber das der britischen 
Flüsse, gegenüber dem Gebiet der Ostsee und dem des Mittelmeeres 
sich im Vorteil befindet. 
Beispiel: Um die Bedeutung der Mündungsmeere in vollem Umfange be 
urteilen zu können, braucht man nur die Wasserläufe an der Nordsee in bezug auf 
ihre Stromtiefe mit den Wasseradern des Ostseegebietes zu vergleichen. Berück 
sichtigt man wieder, wie oben, das Verhältnis der Stromtiefen zu der Gesamtlänge
	        
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