bundene Puppe, endlich als beschwingter Schmetterling im
Sonnenschein der Zukunft strahlt. Täuschen uns, die
wir heute schwer gegen den Strom rudern, unsere über
müdeten Augen, wenn wir weit in der Ferne durch die
Nebel der Ufer ein klares, goldenes Licht schimmern sehen ?
Ist es nur eine Gesichtstäuschung, die uns unsere Ruder
leichter führen und uns weiter ausholen läßt, obwohl wir
genau wissen, daß lange bevor unser Schiff jene Ferne
erreicht, andere Hände das Ruder führen, das Steuer len
ken werden? Ist das alles ein Traum?
Der alte chaldäische Seher hatte die Vision eines Gar
tens Eden, der in ferner Vergangenheit lag. Er träumte,
daß Mann und Frau einst in Freude und Kameradschaft
lebten, bis die Frau die Früchte vom Baume der Erkennt
nis brach und dem Manne bot und beide ausgestoßen wur
den und sich im Schweiß ihres Angesichtes ihr Brot ver
dienen mußten, weil sie von der Frucht genossen. Auch
wir haben unsern Paradiesestraum, aber er liegt in ferner
Zukunft. Wir träumen, daß die Frau gemeinsam mit dem
Mann vom Baume der Erkenntnis essen werde, daß sie Seite
an Seite, Hand in Hand mit ihm durch Menschenalfer
voll Arbeit und Mühe ein neues Eden aufrichten werde,
schöner als der Chaldäer es je geträumt, ein Eden, das ihre
eigene Arbeit erschaffen hat und das ihre innige Kamerad
schaft verschönt.
Die Apokalypse erschaute einen neuen Himmel und eine
neue Erde, wir erschauen eine neue Erde, aber in ihr
wohnt Liebe — die Liebe von Kameraden und Arbeitsge
nossen.
Deshalb, weil die Möglichkeiten der Zukunft uns so reich
und so herrlich erscheinen, die Rückkehr zur Vergangen
heit so unmöglich und die passive Ergebung in die Gegen
wart so tödlich — darum erheben wir heute allüberall un
sern fremdklingenden Ruf: „Gebt uns Arbeit und Er
ziehung zur Arbeit!“
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