wirtschaftliche Genossenschaft bedeutet dort den Uebergang
von der individualistischen (einzelwesigen) Wirtschaft zur kollektivistischen
(gemeinschaftlichen) Wirtschaft; zuerst beim Warenabsatz und -einkauf und
bei einzelnen Produktionsvorgängen bis zur Gesamtproduktion in der Kollek
tivwirtschaft. Das russisch-zaristische alte Dorf ist das unter dem feudalen
Großagrarier seufzende, gequälte, ausgebeutete Landvolk. Das sowjet-russische
neue Dorf ist das mit Genossenschaften allseitig durchorganisierte Dorf, das
Elektrizität, Molkereigenossenschaft, eigene Verwertungsbetriebe für Kar
toffeln, Flachs, Getreide, Kultureinrichtungen u. a. mehr hat. Zum inter
nationalen Genossenschaftstag am 5, Juli 1924 hat eine illustrierte Zeitschrift
auf ihrem Titelblatt eine landwirtschaftliche Genossenschaft abgebildet und
darunter geschrieben: das ist das Tor, durch das der Weg zum
Sozialismus führt. Lenin hat einmal gesagt, die Genossenschaft, das
ist natürlich noch nicht die sozialistische Gesellschaft, aber eine weitaus
gedehnte Genossenschaft, das ist alles, was zu ihrem Aufbau notwendig ist!
Wie diese Genossenschaft am Aufbau der sozialistischen Wirtschaft arbeitet,
wie sie das Land mit der städtischen Industrie verknüpft, wie sie ökonomisch
die Diktatur des Proletariats fundamentieren hilft, das zeigen die Kapitel dieser
Broschüre. Das Material dazu ist in Rußland selbst an Ort und Stelle ge
sammelt, die Angaben stammen meist von den betr. Organisationen selbst.
Wir hoffen, daß diese Schrift viele Leser finden wird, die noch wenig über
das neue Rußland wissen und die vielleicht noch zu jener Schicht gehören,
denen nie etwas anderes darüber ans Ohr kam, als die Schauermärchen von
bolschewistischer Zerstörung, Mord und Brand. Wie oft hat man den Schwindel
gehört, wie furchtbar insbesondere die Bauern unter der proletarischen Diktatur
gequält werden,. Solche Lügen zu verbreiten, ist das Gewerbe all jener, die an
der Feindschaft der Massen gegen das neue Rußland interessiert sind. Die
Arbeiter selbst und die armen Kleinbauern, Pächter und Siedler haben jedoch
ganz das gegenteilige Interesse. Nämlich ebenfalls mit der Arbeiterschaft jenes
Kampfbündnis zu schließen, das sich den eigenen Arbeiter- und
Bauernstaat geschaffen hat. Dieses siegreiche Bündnis der Arbeiter und
Bauern beruht nicht auf Zwang und Nötigung, es ist herausgewachsen aus der
Ueberzeugung von dem praktischen Nutzen. Denn wer hat das alles
fertiggebracht, was tatsächlich in Rußland heute da ist? Das ist die gemein
same Leistung des Arbeiter- und Bauembündnisses! Dies Bündnis allein hat
es fertiggebracht, den Bauer wirklich frei zu machen aus der Sklaverei und
Abhängigkeit vom Großbauer, vom Wucherer und Händler. Dieser Bund bringt
landwirtschaftliche Kenntnisse und Kultur aufs Land, er brachte den Kredit,
die Maschinen und die Elektrizität, kurzum den technischen Fortschritt und die
Organisation. Besonders die Genossenschaft ist zur freien, wirtschaftlich und
kulturell fortschrittlichen Betätigung im Interesse der ehemals Ausgebeuteten
geworden.
Wer das Gegenstück zu den Landwirtschaftsgenossenschaften, nämlich die
Riesenorganisation der Konsumgenossenschaften Sowjet-Rußlands
kennen lernen will, der sei auf die gleichartige Broschüre „Unsere Ruß
landreise — die erste Delegation deutscher Genossenschafter in Sowjet-
Rußland" hingewiesen.
Weißenfels (Saale).
Karl Bittel.
1 Pud. .
1 Werst .
1 Sasken
Russische Maße und Gewichte
16,36 kg 1 Deßjatine 1,09 ha
1,067 km oder 4,3 deutsche Morgen
2,1 m 1 Rubel zirka 2 Mk.