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Dr. M. J. Bonn.
in gleich unberechtigtem Unverstand als eine Art farbiger Europäer
betrachtet, die heute schon Vollbürger sein könnten. Wo daher
ein gewissermaßen abstraktes Herrschaftsverhältnis besteht, wie
z. B. in Indien, das nicht durch Kolonisten ausgeübt wird, ist
das Problem lösbar; es wird aber auch hier durch Vorstellungen
vergiftet, die den Mischkolonien entstammen, wo der einzelne Euro
päer der «Herr» ist und der Eingeborene sein Knecht. In diesen Ge
bieten ist die Zusammenarbeit von Weißen und Schwarzen nur auf der
Grundlage der Unterordnung möglich. Wo diese Vorstellungen ein-
dringen, erschweren sie auch in den großen Eingeborenenkolonien ein
Zusammenarbeiten nach anderen Grundsätzen, das dort zwischen
Herrschern und Beherrschten möglich wäre. Die Auffassung, daß
der Inder, wie hoch auch seine Kaste sei, ein «Nigger» ist, die der
Weltenbummler dorthin mitbringt, oder der Ausschluß indischer Ein
wanderer aus Ländern wie Südafrika oder Kanada, erbittern die Ein
geborenen. Sie werfen sie auf ein Nationalgefühl zurück, dem nur
eine Gegnerschaft, kein Zusammenarbeiten mit dem herrschenden
Volke erstrebenswert erscheint. Befreiung, nicht Beteiligung wird
ihr Ziel.
Es muß daher als zweifelhaft erscheinen, ob der moderne Impe
rialismus seine höchste Aufgabe lösen wird. Dort, wo beide Völker
miteinander vermischt im gleichen Gebiete leben, besteht zurzeit
wenig Hoffnung auf eine Überbrückung der Gegensätze. An
einzelnen Orten der Welt, z. B. in Neuseeland, vielleicht auch in
Algier, sind gewisse Formen der Zusammenarbeit geschaffen wor
den. Anderswo scheint die nationale Abneigung im Steigen zu sein.
Aber ähnliche Vorstellungen haben einst auch die europäischen
Völker erfüllt. Der Haß, mit dem die englischen Kolonisten in
Irland von den Iren sprachen und im Norden Irlands heute noch
sprechen, die Verachtung, mit der sie auf sie herabblickten, ist kaum
schwächer gewesen als die Geringschätzung, die der Weiße dem
Neger angedeihen läßt. Jahrhundertelang hat der britische Staat
versucht, Irland dadurch zu «zivilisieren», daß alle Erscheinungs
formen der irischen Nationalität als barbarisch vernichtet werden
sollten. In haßdurchglühten Agrarrevolten hat sich das irische Volk
dagegen gewehrt. Englands Feinde waren stets seine Freunde. Und
heute scheint doch die Möglichkeit gegeben, daß Irlands Nationalität
als vollberechtigt anerkannt werden und im Rahmen lokaler Selbst-