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Großstadt-Dokumente Bd. 8. Berliner Banken.
Kommen. Die Praxis hat diese Verhältnisse einer sehr
durchgreifenden Änderung unterzogen. In den aller
meisten Fällen ist die Direktion ins Hintertreffen geraten.
Sie ist lediglich noch Werkzeug in der Hand ihrer Aus
sichtsräte.
Formell herrscht natürlich der Akttonär. Aber ein
trauriger Herrscher ist er. In vereinzelten Exemplaren
erscheint er in den Generalversammlungen. Die Banken
sind's, die dort den Ton angeben. Und die Direktoren
dieser Banken bilden den Aufsichtsrat. Alljährlich min
destens einmal — in der ordentlichen Generalversamm
lung — wird dem Aktiendirektor so die Macht seines
Auffichtsrats ad oculos demonstriert.
Lin gewöhnlicher Sterblicher muffte wenigstens im
Besitz der Aktien sein, die ihm die Macht geben. Die
Bank hat das nicht nötig. Sie braucht nur bei ihrer
Kundschaft herumzufragen, die bei ihr die Aktien im
Depot liegen hat, und ihr wird bereitwillig die Ver
tretung für die Generalversammlung übertragen.
Bei den meisten Gesellschaften ist heute das Bank
interesse dominierend. Daß bei Beratungen über die
Frage, ob im Fall eines Kapitalbedarfs junge Aktien
oder Obligationen ausgegeben werden sollen, die Mei
nung des Bankdirektors den Ausschlag gibt, ist selbst
verständlich. Der Aktiendirektor mag ein noch so tüch
tiger Fach- und Geschäftsmann sein, in der Beurteilung
des Geldmarkts ist ihm der Bankmann überlegen. Aber
die Bankdirektoren haben es verstanden, allmählich die
Geldmarktinteressen ganz erheblich in den Vordergrund
zu schieben. Das zeigt sich besonders bei der Dividen
denverteilung. Die Höhe der Dividende wird natürlich
wesentlich von der Höhe der notwendigen Abschreibun
gen und Rückstellungen beeinflußt. Für diese Rücklagen
sollte einzig und allein das Bedürfnis der Gesellschaft