Full text: Der Handelskrieg von England, Frankreich und Italien gegen Deutschland und Österreich-Ungarn

  
    
   
4. Kapitel. Die Requisition der deutschen Schiffe, 93 
  
dies bedarf es der nulla osta seitens der Militär- und Seebehörden in bezug auf die Frage 
der Requisierbarkeit der Ware1). 
Die Zollbehörden müssen ferner, bevor sie die Ware übergeben, sich davon über- 
zeugen, daß die den maritimen Verwaltungen eventuell erwachsenen Spesen, für welche 
die betreffenden Waren haften, bezahlt worden sind. 
Wenn bei der Nachprüfung der Waren und Ballen sich herausstellt, daß sich 
darunter Ware befindet, die verschieden ist von denjenigen, die in der nulla osta der See- 
und Militärbehörde angegeben sind, so dürfen die Zollbehörden nicht weiter handeln, es 
sei denn, daß eine neue nulla osta von Seiten der genannten Behörden vorgewiesen wird. 
f) Soweit die Waren nicht innerhalb einer, im Einvernehmen mit den Ministern 
des Äußern und der Marine festgesetzten, Frist herausverlangt werden, sind sie durch die 
Zollbehörden im Einverständnis mit der Capitaneria des Hafens, als herrenlose Waren 
— come merce abbandonata — zu verkaufen und zwar durch öffentliche Versteigerung, 
wobei in jedem Falle private Unterhandlungen ausgeschlossen sind. 
Der Reinerlös dieses Verkaufes ist bei der Cassa dei depositi e prestiti zu hinterlegen, 
in der oben unter Buchstaben d) angegebenen Weise. 
Die dem Verderben ausgesetzte oder für das öffentliche Wohl, oder die Sicherheit 
der Häfen gefährliche Ware, wem immer sie gehören mag, kann jederzeit verkauft werden, 
nachdem über ihren Zustand und Wert ein Befund aufgenommen wurde. Der Reinerlös 
wird in der oben angegebenen Form und unter den oben genannten Bedingungen 
hinterlegt. 
g) Die zur Einfuhr zugelassenen deutschen Waren unterliegen den Zöllen, die 
im gegenwärtig geltenden Generaltarif bestimmt sind. 
Der Minister des Äußern wird der schweizerischen Gesandtschaft, der Vertreterin 
der deutschen Interessen in Italien, Kenntnis von der Löschung der einzelnen requirierten 
Schiffe geben. Von diesem Zeitpunkt an läuft eine Frist von 30 Tagen, innerhalb welcher 
die nicht requirierte Ware zurückgezogen werden muß. Diese Frist kann erstreckt werden, 
sie kann aber auch verkürzt werden, wenn die Bedürfnisse des Hafens, des Handels oder 
des öffentlichen Wohles dies nötig machen. — 
Zum besseren Verständnis dieses Rundschreibens darf man die tatsächliche Situation 
nicht übersehen. Die Waren mußten zufolge der Notlandungen und der Requisition der 
Schiffe plötzlich an einem vielleicht ungeeigneten Hafenplatz, wo es an den erfor- 
derlichen Lagerräumen fehlt, ausgeladen werden, ohne daß sich ein Vertreter der Schiff- 
fahrtsgesellschaften, deren deutsche Vertreter ja seit Mai 1915 nicht mehr auf italienischem 
Boden weilen, noch auch ein anderer Interessent, wie z. B. der Verlader oder Destinatär 
um die Ware kümmern könnten. Zunächst nehmen nun die italienischen Behörden 
das Recht in Anspruch, von der Ladung das, was ihnen hierzu tauglich erscheint, für 
ihre Bedürfnisse zu requirieren. Verschiedene Requisitionskommissionen untersuchen 
die Ware und bestimmen, was requiriert wird. Der verbleibende Rest wird für die Dauer 
eines Monates den privaten Interessenten zur Verfügung gestellt. Wie soll dieser seine 
Rechte auf die Ware wahrnehmen können? Viele Verlader wohnen in Nordamerika und 
haben meistens keine Vertreter in Italien. Zufolge der durch die kriegerischen Ereignisse 
dem Handel und Verkehr auferlegten Beschränkungen, Grenzsperren, Ausfuhrverbote, 
Zensur usw. — siehe auch oben die Dekrete vom 4. Februar und 30. April 1916 — 
bleibt dem Interessenten, selbst wenn er auch die erforderlichen Urkunden zur Übernahme 
der Ware vorlegen kann, keine große Verfügungsfreiheit. Dazu kommt nun aber, daß 
das Verlangen der italienischen Regierung, daß sowohl von Seiten der deutschen 
1) Diese Vorschriften wurden nachträglich gemildert, indem für die Auslieferung 
der Ware nur noch der Freilassungsschein verlangt wird; siehe weiter unten, 
   
  
  
  
  
 
	        
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