94 II. Teil. Italien.
Schiffahrtsgesellschaft eine Delivery-Order vorgelegt, als auch überdies noch die Konosse-
mente vorgewiesen werden müssen, die Verfügungsmöglichkeit außerordentlich ein-
schränkt. Würde der ganze Satz der Konnossemente verlangt, so wäre innerhalb der
Frist eines Monates eine Verfügung überhaupt ausgeschlossen. Nach allgemein geltendem
Seerecht hat der erste Vorweiser eines Konnossementes das Recht darauf, daß ihm die
Ware übergeben wird, ohne daß es noch weiterer Dokumente, wie z. B. einer Delivery-
Order bedarf1).
Ein amerikanisches Konsulat, das um die Vertretung amerikanischer Verlader
ersucht wurde, erklärte, eine solche Vertretung ablehnen zu müssen, da die Requisition
der Schiffe und die Löschung als ungesetzlich anzusehen seien und die amerikanischenn
Verlader sich deshalb alle Schadenersatzrechte gegenüber dem italienischen Staate
vorbehalten müßten. In den meisten Fällen wird wohl die Ware, über welche nicht
verfügt worden ist, zu Schleuderpreisen an italienische Interessenten verkauft werden?).
Der Schaden, der den Interessenten zufolge der Notlandungen und des gerichtlichen
Verkaufes entsteht, ist groß.
»
Da es sich gezeigt hatte, daß es in den allermeisten Fällen nicht möglich, gewesen
wäre, die Originalkonnossemente innerhalb der angesetzten Frist zu beschaffen, so hat
auf die Bemühungen der schweizerischen Gesandtschaft in Rom die italienische Regierung
nachträglich, d. h. Ende Mai 1916, die Erklärung abgegeben, daß sie die unter litt. e
getroffene Bestimmung, welche außer Vorlegung der Freistellungsscheine auch die
Vorlegung von Originalkonnossementen verlangt, dahin abändert, daß die Ein-
Teichung des Freistellungsscheines genügt. Doch hat sich der Inhaber des
Freistellungsscheines durch einen Legitimationsschein, ausgestellt von den Agenten
der Schiffahrtsgesellschaft, als rechtmäßiger Inhaber des Freistellungsscheines aus-
zuweisen.
Da es kaum möglich gewesen wäre, den in litt. f des Reglements vorgesehenen
Termin für die Rückforderung der nicht requirierten Waren einzuhalten, bestand Ge-
fahr, daß alle diese Waren der angedrohten zwangsweisen Versteigerung ausgesetzt
würden. Der schweizerische Gesandte in Rom hat auch diese Gefahr dadurch gemildert,
daß auf seine Anregung den Eigentümern der Ware die Möglichkeit gegeben wird, die
Waren in Privatmagazinen unterzubringen und dort unter Zollverschluß zu stellen.
Der Grund für die zwangsweise Versteigerung, der nur in der notwendigen Entlastung
der Lokale der Zollverwaltung lag, fiel damit dahin und die Eigentümer haben dadurch
die Möglichkeit erhalten, die Freigabe ihrer Waren ohne Rücksicht auf die angesetzten
Fristen zu betreiben.
Der schweizerische Gesandte, Herr von Planta, hat auch bei der italienischen
Regierung die Anregung unterbreitet, die Verwertuug derjenigen Waren, die nicht re-
quiriert werden, und auch nicht durch Eigentumsnachweis oder Hinterlage freigegeben
sind, also der zwangsweisen. Versteigerung unterworfen wären, sofern sie nicht in Privat-
magazine gebracht werden, in der Weise durchzuführen, daß der Verkauf durch einen
gerichtlich oder administrativ bestellten Treuhänder erfolge, der die Verwertung im
Einvernehmen mit den Beteiligten sachgemäß durchzuführen und den Erlös zu hinter-
legen hätte.
1) Siehe Cosack, Handelsrecht 5. Aufl. S. 46241f., ferner D. H. G. 646, aber auch
codice di commercio, art. 557: Il capitano deve consegnare il carico nel luogo di destinazione
a chi gli presenta la polizza di carico, qualunque sia il numero che essa porta,
?) Zum Zwecke billiger Übernahme der Ware wurden von Italienern besondere
Syndikate gegründet.