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6. Kapitel. Verschärfte Maßnahmen geg. deutsche u. österr.-ungarische Privatrechte. 109
Art. 8. Dem Zwangsverwalter kann durch den Präfekten, nach Einvernahme
des Finanzverwalters, eine Entschädigung zugesprochen werden und zwar zu
Lasten des Geschäftes, dem ar seine Arbeit widmet, gemäß den Anweisungen,
welche der Handelsminister ausgeben wird.
Art. 9. Wenn besondere Gründe vorliegen, kann der Handelsminister im
Einverständnis mit den Ministern des Innern, der Justiz und des Kultus die
Liquidation von Geschäften von der Art der in Art. 1 genannten anordnen
Die Liquidation hat zu erfolgen nach den Vorschriften eines besonderen könig-
lichen Dekretes.
Art. 10. Hat eine geschäftliche Unternehmung in verschiedenen Provinzen
Niederlassung, so treffen die Präfekten der verschiedenen Provinzen die An-
ordnungen gemeinsam. Für Firmen, welche in Italien ihren Hauptsitz haben,
ist der Präfekt des Hauptsitzes zuständig.
Art. 1l. Die aus den Geschäften gezogenen Gewinne und Liquidations-
summen sind. zu deponieren bei der amtlichen Depositionskasse — Cassa dei
depositi e prestiti —, wo sie sequestriert bleiben.
Art. 12. In bezug auf die Versicherungsgesellschaften, die nach diesem De-
kret der Zwangsverwaltung unterliegen und deren Fortführung oder Liquidation
beschlossen wird, ist Art. 2 des Dekretes vom 24. Juni 1915 nicht anwendbar.
[Dieser Artikel 2 bestimmt, daß während des Krieges kein Angehöriger und keine
Firma von Österreich-Ungarn Rechte in Italien vor den Behörden und Gerichten
geltend machen und hypothekarische Verschreibungen vornehmen kann.]
Art. 13. In bezug auf die Versicherungsgesellschaften werden die Befugnisse,
die durch, dieses Gesetz den Präfekten und den Intendanten der Finanzverwaltung
eingeräumt sind, durch den Handelsminister ausgeübt.
Eine Beschwerde gegen die Maßnahmen des Ministers kann der Regierung
eingereicht werden, die auf Vorschlag des Handelsministers im Einverständnis
mit den Ministern des Innern und nach Anhörung des Ministerrates entscheidet.
Art. 14. Die Vorschriften dieses Dekretes werden durch besonderes Dekret
auf die Kolonien ausgedehnt.
Rom, den 8. August 1916.
III. Am 27. August 1916 erklärte Italien den Krieg an das Deutsche
Reich. Da schon vorher Dekrete erlassen worden waren, nach denen
die“ deutschen Vermögensinteressen als „feindliche“ zu behandeln sind,
so änderte die Kriegserklärung nur wenig an der bereits vorher ge-
schaffenen Lage der deutschen Privatrechte in Italien.
Die Zeitungen berichteten, daß der italienische Ministerrat beschlossen habe,
die neuen Dekrete sofort zur Anwendung zu bringen!). Es würde indessen, Soweit e8
sich um die Sequestration oder Beaufsichtigung von deutschen Unternehmungen
mit !italienischen Arbeitern handle, dafür Vorsorge getroffen, daß diese nicht
gofort brotlos werden,
Zur Beratung der für die Durchführung der Dekrete erforderlichen Maßnahmen
wurde am 26. August 1916 eine besondere Kommission von Vertrauensleuten der
Regierung ernannt. Gleichzeitig erließ der Minister des Innern ein Rundschreiben
an die Präfekten mit Anweisungen, damit die gegen die „Feinde“ gerichteten Vor-
1) Erwähnen italienische Dekrete nicht ausdrücklich den Tag, da sie in Kraft
treten, so ist dies der 15. Tag nach ihrer Veröffentlichung. Bei den Dekreten vom
8./10. August 1916 wäre es also am 25. August 1916 gewesen.