RER a ER RE BEE We N VE
V. Vertragsrecht. 137
Odium dafür der deutschen Regierung zuschieben. Diese hat sich aber
bisher stets darauf beschränkt, mit großer Nachsicht die Folgerungen
aus der Handlungsweise der italienischen Regierung zu ziehen. So er-
klärt sich die folgende, vom 5. August datierte Mitteilung des Finanz-
ministers an die Oberzolldirektionen:
Der deutsch-italienische Handels-, Zoll- und Schiffahrtsvertrag vom
6. Dezember 1891/3. Dezember 1904 wird von der italienischen Regie-
rung als nicht mehr wirksam angesehen. Demgemäß werden nunmehr
auch deutscherseits auf die italienischen Boden- und Gewerbserzeugnisse
die Sätze des autonomen Tarifs angewendet werden. Infolge des Weg-
falls der vertragsmäßigen besonderen Zollbegünstigung für Marsalawein
sowie der Zugeständnisse für Wein, Baumöl (Olivenöl), und für Sumach-
Auszug (vgl. Schlußprotokoll zu Artikel 10 und 7 des Handelsvertrags)
dürfen keine Untersuchungszeugnisse italienischer Untersuchungsanstalten
und Fachchemiker über die Einfuhrfähigkeit von Wein, Traubenmost und
Traubenmaische sowie über die Reinheit von Baumöl (Olivenöl) und über
die Reinheit von Gerbstoff-Auszügen und ebensowenig Ursprungszeug-
nisse sizilianischer Handelskammern für Marsalawein in Flaschen mehr
zugelassen werden. Dagegen sind die Begünstigungen des bisherigen
deutsch-italienischen Handelsvertrags weiter auf Waren anzuwenden, die
aus meistbegünstigten Ländern stammen oder sich auf deutsche Rechnung
in deutschen Zollausschlußgebieten, Freibezirken oder Zollagern befinden.
Die Bekanntmachung betreffend die Wirkung des Außerkrafttretens von
Handelsverträgen vom 10, August 1914 ist anwendbar.
V. Vertragsrecht.
Nach dem englischen und französischen Ausnahmerecht können Ver-
träge mit feindlichen Ausländern, die zur Zeit des Kriegsausbruches be-
standen, meistens durch Richterspruch oder sogar — in England -—
durch eine Verwaltungsbehörde aufgehoben werden‘).
In Deutschland bestehen keine besonderen Ausnahmebestimmungen.
Sehr oft kann sich aber eine Partei für die Befreiung von der Ver-
tragserfüllung auf die sog. Kriegsklausel berufen, die für den Fall des
Krieges zum Rücktritt oder zu einer Vertragsänderung berechtigt?)%).
„In zahlreichen Lieferungsverträgen findet sich auch die Klausel,
daß force majeure (höhere Gewalt) den Verkäufer einer Ware von der
Vertragserfüllung überhaupt oder doch von der Pflicht rechtzeitiger
1) Siehe England Seite 44, Frankreich Seite 58.
?) Siehe Hs. Th. Soergel, „Kriegsrechtsprechung und Kriegslehre 1914/15“,
Stuttgart, Deutsche Verlagsanstalt, S. 54,
3) Französische Juristen glaubten, aus dem zahlreichen Vorkommen dieser Kriegs-
klausel in deutschen Verträgen darauf schließen zu dürfen, daß die Deutschen schon
längst auf den gegenwärtigen Krieg vorbereitet gewesen seien.