Full text: Die Finanzwirtschaft unserer Gegner während des Krieges

106 Jöhlinger, 
inzwischen stark gestiegenen Zinsen aus, wobel zu berücksichtigen 1st, 
dass ein Teil der Steuern keine dauernde Einnahme erbringt und die 
italienische Volkswirtschaft, je länger der Krieg dauert, um so schwerer 
zu leiden hat. 
Wie aus der vorher zum Abdruck gebrachten Tabelle hervorgeht, hat 
Italien im Auslande mehrfach Kredite in Anspruch genommen, die bis 
Ende November 1916 die Summe von 4,2 Milliarden Lire erreicht hatten. 
Der grösste Teil hiervon dürfte in England aufgenommen sein., In 
Amerika hat Italien u, a. einen Kredit von 90 Millionen Dollar erhalten 
unter der Bedingung, dass Frankreich hierfür die Bürgschaft übernahm. 
Mehrfach wurde von neuen Anleiheverhandlungen in Amerika gemeldet. 
Indes scheinen die Verhandlungen nicht zustande gekommen zu sein, 
da nähere Angaben nicht gemacht wurden. Auch in Zukunft ist Italien 
in erheblichem Umfang auf Auslandskredit angewiesen, da es infolge 
seiner schwach entwickelten Industrie ständig zur Kriegführung Waren 
aus dem Auslande gebraucht, und das erhebliche Disagio!), das sich 
gegenwärtig auf ungefähr 50 % stellen dürfte, eine ganz erhebliche 
Verteuerung der Auslandsbezüge bewirkt. 
Ausserordentlich ungünstig gestaltet sich die wirtsch af{t- 
liche Lage in Italien. Die Hauptausfuhrindustrien, wie Weinexport 
und Seidengewebe, liegen brach. Kine schlechte Getreideernte be- 
wirkte eine erhebliche Teuerung im Lande und: zugleich ein starkes 
Einfuhrbedürfnis für ausländisches Getreide, das sich ausserordentlich 
teuer stellt. Hinzu kam, dass die Wein ernte des Jahres 1915 eine 
Missernte war und nur 20 Millionen Hektoliter gegen 43 Millionen 
Hektoliter im Vorjahr erbrachte. Der Fremdenverkehr, der sonst im 
italienischen Wirtschaftsleben eine sehr erhebliche Rolle spielt, und 
namentlich in der Zahlungsbilanz deutlich in die Erscheinung tritt, 
fehlt fast ganz. Darunter haben u. a, das Gasthausgewerbe zu leiden 
und die zahllosen Fremdenindustrien. Ausserdem fehlen die erheb- 
lichen Summen, die sonst die italienischen Auswanderer in die Heimat 
zu senden pflegen, und die auch in grossem Umfang dazu beitragen, 
das Passivum der Handelsbilanz auszugleichen. Infolge des Krieges 
ist das Einfuhrbedürfnis des Landes sehr stark gestiegen, während 
der Export sehr erheblich zurückgeht. In der Zeit von Januar bis 
September 1916 ist nach einer Meldung des „Solo“ vom 16. September 
1916 die Entwicklung des Handels wie folgt gewesen: 
5 Mitte Januar 1917 stellte sich der italienische Wechselkurs in New 
York auf 7,18 Dollar für 100 Lire (Parität 19 Dollar = 100 Lire).. 
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