Full text: Neuzeitliche Krüppelfürsorge

unserer Berufsschule muß ein tüchtiger Erzieher sein. Eine 
Ansstaltsberufsschule muß ihren eigenen Charakter behalten, und der 
Erzieher muß sich persönlich ganz in das Opferleben der Anstalt ein- 
fügen. Der betreffende Gewerbelehrer muß ein tüchtig er Pä da- 
g o g e sein. Er muß über eine gute, praktische Erfahrung im Volks- 
schulunterricht verfügen; denn es ist fürwahr nicht leicht, immer wieder 
die Lücken auszufüllen, die während der Ausbildungszeit durch Krank- 
heit, operative Eingriffe und dgl. im Ausbildungsgang sich einstellen. 
Mit viel Verständnis muß er verstehen, auch bei den Lehrlingen, die 
nun geistig nicht mit besonderen Talenten ausgestattet sind, den 
Boden für den gewerblichen Fachunterricht zu bereiten. Er muß 
nicht zuletzt viel praktischen Sinn mitbringen, um sich in 
den Aufgabenkreis der einzelnen Gewerbe hineinzuarbeiten; denn 
wenn wir in unseren Anstalten dazu übergehen wollen, Gewerbe- 
lehrer anzustellen, so dürfte das doch wohl zunächst nur einer sein. 
Die finanzielle Belastung ist schon derart, daß wir an eine zweite 
hauptamtliche Kraft sicherlich nicht denken können. Ein Gewerbelehrer 
wird nach Gruppe 9 der staatlichen Besoldungsordnung besoldet. Er 
würde nach unserer Berechnung unverheiratet heute monatlich 290 Mk. 
bekommen, verheiratet ohne Kinder 318,50 Mk. Die finanzielle Be- 
lastung unseres Etats wird besonders dadurch gesteigert, daß wir ein- 
mal einen großen Teil der Schulstunden in die Arbeitszeit hinein- 
legen müssen ~ bisher war das nicht der Fall – wodurch produktive 
Arbeitsstunden verloren gehen, dann werden wir aber auch auf das 
letßte von produktiver Arbeitskraft unserer Meister verzichten müssen, 
wenn dieselben Werkunterricht und Fachunterricht in der Werktstatt 
erteilen sollen. Weiterhin werden nicht unbedeutende Summen auf- 
zubringen sein, um durch Fortbildungskursse die Meister soweit zu 
schulen, wie sie eigentlich bei den außerordentlich hohen Anfor- 
derungen, die heute an das Handwerk gestellt werden und die wir vor 
allem in den Lehrwerkstätten unserer Anstalten an unsere Lehrmeister 
stellen müssen, geschult sein müßten. Nicht zuletzt wird die Anschaffung 
neuer Maschinen, wie sie heute dem Handwerk diensstbar gemacht 
werden und wie wir sie auch in unsere Betriebe einstellen müssen, 
große Summen erfordern. Wir sehen Schwierigkeiten in nicht ge- 
ringer Zahl. Wie können wir dieselben beheben? 
Wir werden nicht umhin können, einen Teil unserer Mehraus- 
gaben, die eine Ausbildung modernen Grundsätzen entsprechend 
fordert, in den Pflegesatz einzukalkulieren. Jedoch müssen wir immer 
darauf bedacht sein, den Pflegesatz so niedrig wie möglich zu halten; 
denn wir sind und wollen caritative Anstalt bleiben. Zu überlegen 
wäre, ob wir nicht einer jeden Werkstatt eine Gesellenabteilung an- 
gliedern, die bei tarifmäßiger Bezahlung erstklassige Fertigfabrikate 
liefert, die von uns in den Handel gebracht werden. Eigene Geschäfte 
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