Full text: Neuzeitliche Krüppelfürsorge

leitende Arzt des Oskar-Helene-Krüppelheims in Berlin-Dahlem, hat 
durch Stichproben in seiner Anstalt festgestellt, daß 60 Prozent der 
vorhandenen Krüppelleiden hätten vermieden werden können; der 
Münchener Orthopäde Lange hat sogar 70-80 Prozent heraus- 
gerechnet. Um eine Organisation für die Tätigkeit der Stadt- und 
Landkreise auf dem Gebiete der offenen Krüppelfürssorge zu haben, 
hat das Gesetz bestimmt, daß jeder Stadt- und Landkreis mindestens 
eine Fürsorgestelle für Krüppel zu schaffen hat oder sich einer solchen 
angliedern soll. Für am wichtigsten halte ich die auf die Prophylaxe 
sich beziehende. Tätigkeit der Krüppelfürsorgestellen. Gerade in dieser 
Hinsicht ist m. E. noch nicht überall in der Provinz das Erforderliche 
geschehen. Besonders in manchen Landkreisen bedarf es noch der Auf- 
klärung über die Bedeutung und den Zweck der Krüppelfürsorge. In 
welcher Weise die Belehrung der Bevölkerung in den Landkreisen zu 
geschehen hat, hängt ganz von den örtlichen Verhältnissen ab. M. E. 
muß aber die Krüppelfürsorgestelle, deren fachliche Leitung unter 
allen Umständen in den Händen eines Arztes, und zwar nach Mög- 
lichkeit eines Orthopäden liegen muß, die nötige Führung bei der Auf- 
klärung des Publikums übernehmen. Besonders wichtig ist es, daß 
diejenigen Personen, die in amtlicher Eigenschaft mit den Kindern zu 
tun haben, nämlich die Kreisärzte, die Schulärzte und Lehrpersonen 
ihrerseits auf die Verbreitung der Kenntnisse und das Interesse an der 
Krüppelfürsorge hinwirken. 
Neben der Aufklärung des Publikums ist eine der wichtigsten 
Aufgaben die Erfassung der Krüppelkinder, damit sie den zuständigen 
Stellen zugeführt werden. Die Erfahrungen haben gelehrt, daß sich 
die Krüppelfürsorgestelle nicht auf die Beratung der Krüppel be- 
schränken darf, sondern daß ihre Aufgabe auch darin bestehen muß, 
die gefährdeten oder verkrüppelten Kinder ausfindig zu machen. An 
den Stellen, wo regelmäßig Untersuchungen der Schulkinder stattfin- 
den, ist diese Aufgabe leicht durchgeführt, schwieriger ist es jedoch auf 
dem Lande, wo keine regelmäßigen Untersuchungen der Schulkinder 
vorgenommen werden. Um denjenigen Landkreisen, in denen kein 
Orthopäde vorhanden ist, Gelegenheit zu geben, die verkrüppelten oder 
gefährdeten Kinder einem Facharzte vorzustellen, hat die Provinzial- 
verwaltung seit Inkrafttreten des Gesetzes fortlaufend Krüppelunter- 
suchungstermine abgehalten. Auf diesen Krüppeluntersuchungster- 
minen haben die Eltern der Krüppelkinder Gelegenheit, ihre Kinder 
einem von der Provinzialverwaltung bestellten erfahrenen Facharzt 
vorzuführen, ohne daß ihnen irgendwelche Kosten durch die Unter- 
suchung entstehen. Die Einrichtung dieser Unterssuchungstermine hat 
sich besonders bewährt. Auch zukünftig sollen in allen Kreisen, die 
ketten geeigneten Orthopäden haben, die Untersuchungstermine wie- 
erholt werden. 
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