Über das Krüppeltum, seine Ursachen, Verhütung und
Behandlung.
Von Chefarzt Or. Becher, Münster i. W.
Als Verkrüppelung bezeichnen wir alle die Fälle, bei denen
dauernde Abweichungen der äußeren Form des menschlichen Körpers
(s seiner Funktion bestehen. Wir unterscheiden zunächst zwei große
ruppen:
d a) angeborene d. h. im Augenblick der Geburt bereits vorhan-
ene und
b) erworbene d. h. im späteren Leben entstehende Ver-
krüppelungen.
Eine gewisse Zwischenstellung nehmen die bei der Geburt und
meist durch den Geburtsakt bewirkten Verkrüppelungen ein.
a) Angeborene Verkrüppelungen.
Sie entstehen entweder durch Störung der Keimanlage oder
durch krankhafte Prozesse während der intrauterinen Entwicklung des
Kindes, so durch entzündliche Prozesse an den Eihäuten und durch
Druck (Fruchtwassermangel). Von den schweren Mißbildungen (sog.
Mißgeburten), Doppelmißbildungen usw., die meist nicht lebensfähig
sind, soll hier abgesehen werden, ebenso von den Spaltbildungen
[Hasenscharte, Wolfsrachen usw.), die mehr der allgemeinen Chirurgie
zugehören. Nur die Spaltbildungen an der Wirbelsäule müsssen er-
wähnt werden, bei denen sich häufig Mißbildungen besonders an den
unteren Extremitäten vorfinden. Ebenso sei nur kurz auf die ange-
borenen Defekte einzelner Knochen und ganzer Glieder wie auf das
Zusammenwachsen von Gliedern hingewiesen, die meist entzündlichen
Veränderungen an den Eihäuten ihre Entstehung verdanken. Ich will
mich vornehmlich auf die Fälle beschränken, bei denen wir durch recht-
zeitige Erkennung und Behandlung die Verkrüppelung mildern oder
sogar beseitigen können. Diese für die Praxis wichtigsten angeborenen
Mißbildungen sind:
1. Angeborene Hüftgelenktsverrenkungen,
2. angeborene Klumpfüße und weit seltener -hände, angeborene
Plattfüße,
3. Schiefhals.
1. Die angeborene Hüftgelenksverrenkung ist die
weitaus häufigste aller angeborenen Verrenkungen. Sie tritt über-