_ Regulierung der Bessitzverteilung. 183
Die zur Regulierung der Forstwirtschaft erlassenen Zwangsmaßnahmen sind teils
unbedingte, teils bedingte Zwangsmaßnahmen. – Bedingte Zwangsmaßnahmen sind
solche, deren Durchführung an bestimmte Voraussetzungen geknüpft wird, sso z. B. an
die Voraussezung, daß sie von einer rechtlich festgesetten Mindestzahl der Beteiligten
gewünscht wird, so daß auch die Nichtzustimmenden zur Teilnahme gezwungen werden.
Derartige Maßnahmen werden, wenn sie einmal besschlossen sind, meist unter Anwendung
von unbedingtem Zwang oder auch von Amts wegen durchgeführt. Hierher gehört u. a.
die bedingte Zwangsablösung der Forstnuzungsrechte (vgl. weiter unten S. 201).
Die unb e d in g ten Zwangsmaßnahmen lassen sich wieder trennen: in solche,
die eine direkte Wirkung haben; hierher gehören z. B. die Aufhebung der
Familienfideikommisse (vgl. weiter unten S. 250), die Regelung und Ablösung der Forst-
nutzungsrechte (vgl. weiter unten S. 201), die zwangsweise Errichtung von Waldgenosssen-
schaften (vgl. weiter unten S. 256) usw.; und in solche, welche „die Wirt-
s<haftssubjekte unter Androhung von Strafen zu einem volks-
wirtschaftlih wünschens werten . . . Verhalten und Handeln
zwingen“. Hierher gehört die Schuzwaldgesetzgebung (vgl. weiter unten S. 187), die
Waldschutzgesezgebung (vgl. weiter unten S. 195), die Gesetzgebung zur Regulierung der
Privatforstwirtschaft (vgl. weiter unten S. 234) usw.
Nach dem Geg en s an d, den sie zu beeinflussen suchen, kann man die forstwirt-
schaftspolitischen Zwangsmaßnahmen gliedern in: solche, die sich auf die Besitzverteilung
beziehen; solche, die sich auf alle Waldungen, ohne Unterschied der Besitzform, erstrecken;
solche, die sich mit der Beeinflussung besonderer Besitzformen befassen.
Demgemäß soll im folgenden der Stoff in diese drei Kapitel gegliedert werden:
Zwangsmaßnahmen zur Regulierung der Besitzverteilung;
Zwangsmaßnahmen zur Regulierung der Forstwirtschaft überhaupt, ohne Unterschied
der Besitform;
Zwangsmaßnahmen zur Regulierung besonderer Besitzformen.
Zwangsmaßnahmen zur Regulierung der
Besitzverteilung.
Die heutige Besitzverteilung des deutschen Waldes ist die Folge einer jahrhunderte-
langen Entwicklung. Die auf eine ünd erung der bestehend en Verhält-
nisse der Wald besitzverteilung hinzielenden Maßnahmen und Bestrebungen
wurden von jeher zum geringsten Teile durch ernsthafte volkswirtschaftliche Erwägungen
praktischer Art bestimmt. Entscheidend waren vielmehr bei all diesen Bestrebungen durchweg
Momente ideologischer Art, wie Demokratie, Gleichheit. Gerechtigkeit usw., rein politische
Ziele und dergleichen.
So entsprangen die schon erwähnten, auf eine Veräußerung des Staatswaldbesitzes
an die Privaten gerichteten Bestrebungen zu Beginn des 19. Jahrhunderts der Ideologie
des wirtschaftlichen Liberalismus, nach der ~ was sich aber bald als ein verhängnisvoller
Irrtum herausstellte ~ der Staat angeblich zum Betriebe der Forsstwirtschaft nicht geeignet
sein sollte. – Bestrebungen zu einer Ver pr ivatlichung und Kommerziali-
\ i e r un g der Forstwirtschaft machen sich auch in unseren Tagen im Zusammenhange mit
den mannigfachen Versuchen der Kommerzialisierung anderer staatlicher Unternehmungen