gerichtet, und in ihrem Zusammenwirken vermehren sich die Gaben
der Natur in immer steigender Fülle. Es liegt im Zuge der wirtschaft-
lichen Entwicklung, dass die einstmals überragende Bedeutung der
natürlichen Bedingungen für den Lebensstandard eines Volkes
durch die Vervollkommnung der Technik und die Steigerung des
Arbeitsertrags überwunden wird, und in den modernen Industrie-
ländern ist das längst geschehen. In der heutigen Welt ist der
weiteste Nahrungsspielraum nicht mehr dort gegeben, wo die
Fruchtbarkeit und der Reichtum des Bodens am grössten sind,
sondern wo die Technik am meisten vorgeschritten und die Organi-
sation der Wirtschaft und der Arbeit am zweckmässigsten ein-
gerichtet ist.
Unter Umständen kann sogar die verhältnismässige Weite eines
Landes trotz des grösseren Naturreichtums, der dadurch auf den
einzelnen entfällt, geradezu ein Hemmnis für die Entwicklung des
Wohlstandes werden. In den Vereinigten Staaten muss im Ver-
hältnis zur Bevölkerungszahl ein vier- bis fünfmal so grosses Netz
von Eisenbahnen unterhalten werden als in Deutschland. Die
Riesenzahl der Automobile ist nicht nur der Ausdruck einer
grösseren Wohlhabenheit, sondern in diesem weitläufigen Lande
einfach eine Verkehrsnotwendigkeit. Dazukommt ein erheblicher
Mehraufwand für den Bau und die Unterhaltung von Landstrassen
und sonstigen Verkehrseinrichtungen. So geht vieles von dem;
was durch die leichtere Rohstoffgewinnung für die Wirtschaft ge-
wonnen wird, wieder verloren durch die grösseren Schwierigkeiten
und Unkosten der Güterverteilung.
Mit alledem soll nicht gesagt sein, dass der grössere Natur-
reichtum Amerikas ohne jeden Einfluss auf den Lebensstandard
seiner Bevölkerung wäre. Aber dieser Einfluss wird meistens weit
überschätzt, und dadurch wird der Blick für das verdunkelt, was
wirklich entscheidend für den wirtschaftlichen Vorsprung der Neuen
Welt ist, nämlich: die höher entwickelte Technik und Arbeits-
organisation. Auf diesem Gebiet aber ist der unleugbar vorhandene
Vorsprung Amerikas kein Naturgeschenk, sondern Menschenwerk,
für das die Voraussetzungen auch in der deutschen Wirtschaft
gegeben sind.
Wenn es sich nur darum handelte, durch rationellere Methoden
die Gütererzeugung zu vermehren, läge vorerst für die deutsche
Wirtschaft kaum Anlass vor, von einem „Problem“ zu reden. Selbst
ohne Veränderungen in der Apparatur und der Arbeitsorganisation
könnte ein erhebliches Mehr produziert werden, wenn nur die vor-
handenen technischen Mittel und Arbeitskräfte in Bewegung gesetzt
würden. Es ist aber der Fluch der kapitalistischen Wirtschaft, dass
es nun sehr viel leichter ist, die Produktion schier ins ungemessene
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