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Ganz das gleiche gilt von dem Spezialfall der Qualifikation.
Das Wort wird ebenfalls in der Regel adjektivisch gebraucht: als
objektive Eigenschaft einer Person oder als ein Inbegriff von
objektiven Eigenschaften einer Person. Aber auch hier ist wissen-
schaftlich korrekt nur die verbale Bedeutung: die Qualifizierung
einer Person durch die Gesellschaft, kraft gesellschaftlicher
Wertung. In dieser Bedeutung wird der Begriff auch gelegentlich
gebraucht. Man denke an die bekannten „Qualifikationslisten“,
z. B. der Richter und Offiziere. Die darin enthaltenen Daten be-
sagen nicht unmittelbar, daß die Individuen die ihnen beigelegten
Eigenschaften wirklich besitzen, sondern nur, daß ihre Vorgesetzten
die Vorstellung haben (oder zuweilen auch zu haben vorgeben),
daß sie jene Eigenschaften besitzen. Ja man findet auch wohl in
jener älteren Zeit, in der der Terminus in unsere Wissenschaft
eingegangen ist, die Formeln: „Dem P. P. ist die Qualifikation
als Leutnant, als Assessor, als praktischer Arzt verliehen wor-
den.“ Hier spricht die Gesellschaft offiziell durch ihre eingesetzten
Organe: in der Regel spricht sie inoffiziell, aber nicht minder ent-
scheidend, durch ihren Apparat von Wertungen !).
Qualifikation in diesem verbalen Sinne heißt „Qualifizierung“,
bedeutet also, daß die Gesellschaft eine bestimmte Person für fähig
hält, eine bestimmte soziale Stellung einzunehmen, mit der wirt-
schaftlich je nachdem ein bestimmtes Einkommen (Gehalt usw.)
oder ein zwar unbestimmtes, aber doch nach unten und oben
einigermaßen begrenztes Klasseneinkommen verknüpft ist.
Mit diesen Erörterungen ist für die methodische Fiktion der
Statik alles Erforderliche bereits geleistet. Es gehört zu den uns
gegebenen empirischen Daten, daß die sämtlichen Produ-
zenten mit verschiedener Qualifikationshöhe „bewertet“ sind und
ein dementsprechendes Einkommen beziehen. Die Qualifikation
wird in der Statik unmittelbar am Einkommen gemessen. Oder,
arithmetisch ausgedrückt, die Qualifikationsstufen verhalten sich wie
die Einkommensverschiedenheiten. Das hat Ricardo gemeint, als
er schrieb: „Die Schätzung der verschiedenen Arbeitsarten wird
sich bald auf dem Markte mit hinreichender Genauigkeit festsetzen.
... Diese Skala unterliegt, wenn sie einmal festgelegt ist, nur
geringen Veränderungen.“ (Kap. I, Sekt. 2.)
I) In der Praxis des merkantilistischen Staates, z. B. im alten Österreich der
vorjosephinischen Zeit, wurde ganz analog auch gewissen Waren amtlich „Qualität“
beigelegt.