Full text: Gegenwartsaufgaben deutscher Wirtschaftspolitik

duktionsbetrieben; sie ließen sich vielmehr von rein privat- 
kapitalistischen Gesichtspunkten leiten und fragten daher fast 
nur nach ihren Sicherungen. 
So kam es, daß die Krise nicht überwunden, sondern nur 
vertagt wurde, und daß sie im Herbst 1925 verstärkt zum 
Ausbruch kam, als der Zustrom von Auslandkrediten nach- 
gelassen hatte. Es ist notwendig, auf diese Zusammen- 
hänge Hinzuweisen, um auch die gegenwärtige Krise 
als Bestandteil einer aus den Gesetzen der kapitalistischen 
Wirtschaft sich ergebenden Entwicklungsphase zu würdigen 
und sich vor Übertreibungen allgemeiner Art zu hüten, die 
von einem „Zusammenbruch der deutschen Wirtschaft“, von 
„Katastrophe? und „Abgrund“ sprechen. Denn es darf nicht 
übersehen werden, daß sich nach der schweren Erschütterung 
der Produktionsleistung in der Inflationszeit inzwischen 
troß aller Konjunktursschwankungen die produktive 
Leistung der deutschen Wirt schaft verhältnis- 
mäßig schnell wieder g e h o b en hat. 
In der Lan d wirt s < a f t ist im Jahre 1925 nach der 
amtlichen Erntestatistik für Brotgetreide der Durchschnitt des 
Ertrages von 1911 bis 1913 nahezu erreicht worden. Gute 
fachmännische Kritiker der amtlichen Statistik nehmen sogar 
eine beträchtlich höhere Ernte an, wie sie für Kartoffeln auch 
die amtlichen Zahlen zeigen. Ferner ist der Wiederaufbau 
des deutschen Viehstandes nahezu vollendet. 
Für die industrielle Produktion in ihrer Gesamtheit ist 
kennzeichnend, daß der für den Stand der Erzeugung be- 
zeichnende Ste ink o hl en v er br au < 1925 annähernd 
den Stand von 1913 erreicht hat bei einer um mehr als 50 Pro- 
zent gesteigerten Braunkohlenförderung und bei gleichzeitiger 
Ausdehnung der Krafterzeugung durch Wasserkräfte. Für die 
Würdigung des Verbrauches sind ferner zu berücksichtigen die 
Fortschritte der Wärmetechnik und der Umstand, daß die be- 
sonders stark kohlenverbrauchende Eisen- und Stahlerzeugung 
in der zweiten Jahreshälfte rückgängig war, während sie in 
der ersten Jahreshälfte die Vorkriegsproduktion des heutigen 
Reichsgebietes bereits überschritten hatte. 
Die deutsche Handelsflotte ist in verhältnismäßig schnellem 
Wiederaufbau begriffen. Die Warenumssätze, gemessen an den 
Ergebnissen der Umsatzsteuer und der Beanspruchung der 
Eisenbahnen, sind nicht nur für das Gesamtjahr 1925 auf 
weit höherem Niveau als 1924, sondern sie zeigen auch nach 
der Kriseneinwirkung in den letzten Monaten noch einen 
höheren Stand als im Vorjahr. Der Gesamtumfang des 
Außenhandels hat seit der Stabilisierung von Monat zu
	        
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