Full text: Agrarkrisis und landwirtschaftliche Betriebsorganisation

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einer ungeheuren Steigerung fähig ist, sofern man nur das Nötige dafür 
tut. In den Vereinigten Staaten von Nord-Amerika bekommt jedes Mädel 
auf jedem Vergnügungsplatze einen Reklamezettel mit einem niedlichen 
Bildchen, das einen frischen rosigen Mädchenkopf darstellt, in die Hand 
gedrückt, mit der Aufschrift: Milchgenuß gibt körperliche Schönheit. Auf 
jedem Sportplatze wird einem ein ähnliches Bild mit der Aufschrift „Milch 
gibt Kraft“ in die Hand gedrückt. Welch ungeheuren Milchabsatz haben 
sich die amerikanischen Landwirte durch ihre Agitation für den Eiskrem 
geschaffen, und mehr noch durch die großartige Organisation ihres ganzen 
Molkereiwesens und Milchhandels. Sie wollen sich ja, wie ich höre, dem- 
nächst durch Herrn Prof. Dr. Lichtenberg er von der Forschungsanstalt für 
Molkereiwesen in Kiel, Vorträge halten lassen, der seit dem Frühjahr 
dieses Jahres das Molkereiwesen in den U. S. A. und in Canada 
studiert hat. 
Wir sind mit unserem Molkereiwessen so rückständig geworden, daß das 
Publikum größtenteils dänische Butter lieber kauft und höher bezahlt als 
deutsche Butter, und daß Deutschland mit Käse aus aller Herren Länder 
überschvemmt wird. Nur erhöhte Reinlichkeit des Stallpersonals, bessere 
Ausbildung des Molkereipersonals, Aufstellung von Milchktühlern, Bezahlung 
der Milch nicht nur nach Fett, sondern nach dem Grade der Reinheit, 
Ausbau des Genossenschaftswesens, Zentralisation des Milchverkaufs zwecks 
Dauererhitzung der Milch, können hier helfen. Der Import von Moltkerei- 
produkten muß abgebaut werden, auch wenn der Import von Getreide- 
körnern dabei zunimmt, was ganz besonders im Interesse der Erhaltung 
und Förderung des deutschen Bauernsstandes liegt. 
Weiter muß die Milchproduktion durch richtigen eigenen Juttermittelbau 
unterstüßt werden. Obenan steht dabei auf allen luzernewüchsigen Böden 
der Luz ernebau. Der Reinertrag guter Luzernefelder übertrifft heute 
denjenigen fast aller anderen Kulturen ganz erheblich, denn die Luzerne 
erfordert wenig Arbeit und keinen Stickstoffdünger, ja auf vielen Böden 
auch keinen Phosphatdünger, weil sie mit ihren tiefgehenden Wurzeln bisher 
unerschlossene Bodenschichten ausbeutet. Besonders wichtig ist ferner, daß 
die Luzernefelder nicht nur die Stallmistproduktion sehr heben, sondern 
auch die abzumistende Ackerfläche um so mehr verkleinern, je mehr Luzerne 
angebaut wird. Mit ihrer Hilfe läßt sich also das Düngerkonto von zwei 
Seiten her erheblich vermindern und zugleich das Bakterienleben im Acker- 
boden steigern. Umfangreicher Luzernebau ist schließlich das Mittei um 
mit den vorhandenen Arbeitskräften die restlichen Ackerflächen um so besser 
bewirtschaften zu können und im Großbetriebe troß vieifach gesunkener 
Leistungen der Arbeiter mit den vorhandenen Arbeiterwohnungen aus- 
zukommen. 
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