eigentlich nur für den Augenblick des Erfassens selber. Der Begriff
des Seins selber, in seiner ganzen Transzendenz, d.h. in seiner Un-
abhängigkeit von jeglicher Erkenntnis, wird dadurch nicht genügend
erklärt. Es ist überhaupt aussichtslos, zu diesem Begriffe wirklich zu
gelangen, insofern wir von dem Bewußtsein, als von dem einzigen
primären Punkte, unseren Ausgang nehmen. Wenn wir eine Idee
vom Sein haben — nicht vom Sein des Bewußtseins, oder für das
Bewußtsein, sondern vom Sein an sich — und ohne diese Idee fällt
die Transzendenz, und mit ihr der ganze Sinn der Erkenntnis zu-
sammen — so müssen wir sie in einer ganz primär-unmittelbaren
Form haben. Und wir haben sie auch tatsächlich, — und nicht nur
in unserem eignen Sein, sondern, damit das letztere selber möglich
sei, im Sein überhaupt, zu dem wir gehören. Daß etwas überhaupt
ist, und daß also das Sein selber ist, — ist viel evidenter, als daß wir
Bewußtsein haben. Auf die Frage der kritischen Philosophie: ist das
Sein außerhalb uns, oder nur innerhalb uns, in unserem Bewußtsein?,
muß geantwortet werden, daß beides zugleich dadurch verbürgt wird,
daß wir innerhalb des Seins sind. Alle Erkenntnis, alles Bewußtsein,
alles Begreifen ist schon eine sekundäre, abgeleitete Form des Aneig-
nens, des Seins, die das Sein in die ideelle Form hinüberführt; das
Primäre, das ganz Selbstevidente ist, sozusagen, das Sein im Sein,
das unmittelbare Hervortreten und Sichoffenbaren des Seins selber,
das wir im ontologischen Wesen des unmittelbaren Erlebnisses haben.
Es genügt, von dem gewöhnlichen Subjektivismus, von der Vorstellung,
die Menschenpsyche, unser inneres Sein sei ein ganz eigentümliches,
in sich verschlossenes und dem wahren Sein gegenüberstehendes sub-
jektives Gebilde, los zu werden, um zu erblicken, daß wir durch unser
Sein und in ihm zugleich und unmittelbar mit dem Sein selber zu-
sammenhängen, in ihm bestehen und es also ganz unmittelbar —
nicht durch das erkennende Bewußtsein, sondern durch das primäre
Erlebnis — besitzen. Bestünde die Außenwelt und überhaupt das
Gebiet des Objektiven aus einzelnen und uns ganz fremden Stücken,
so könnten wir nie gewiß sein, daß etwas wirklich ist und nicht nur
uns im Augenblicke der Erkenntnis erscheint. Da aber jeder einzelne
Gegenstand nur im Rahmen und auf Grund eines einzigen allum-
fassenden Seins, des Seins selber, gedacht werden kann — und zwar
desselben Seins, das auch uns selber umfaßt und durchdringt — so
haben wir darin, in diesem Innewerden des Seins selber, das jeglicher
Erkenntnis vorangeht und ihren Sinn begründet, die absolute Ge-
währ für die Objektivität unserer Erkenntnis.
Das unmittelbare Gefühl, daß mein Sein eben ein Sein ist, daß es
zum Sein gehört und in ihm eingewurzelt ist, und daß der ganze
Lebensgehalt der Persönlichkeit, ihr Denken wie ihr Tun, nur aus
diesem Boden ihr zufließt, — dieses Gefühl eines Seins, das nicht
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