hat, d.h. angesichts der heutigen Gesellschaft eine völlig negative Tätigkeit,
streben die bisherigen sozialistischen Parteien danach, sich in demokratische
zu verwandeln, in Arbeiterparteien, und kommen in vielen ihrer Anschau-
ungen der liberalen Partei näher. Das Beispiel Rußlands hat für die Arbeiter-
massen keinen unwiderstehlichen Reiz mehr, aber es hat dazu beigetragen,
fast überall eine kommunistische, entschieden antinationale Partei entstehen
zu lassen. Wo eine antinationale kommunistische Partei besteht, rücken die
Sozialisten von ihr ab und bekämpfen sie, als wenn sie konservativ wäre, Ja
zuweilen noch stärker. Die Kommunisten betrachten ihrerseits den Sozialis-
mus mit Abneigung als eine bürgerliche und reformatorische Bewegung und
die Sozialisten als die äußerste Linke der Liberalen.
Diese entschiedene und stets wachsende Trennung zwischen den Arbeiter-
parteien und dem Kommunismus, d.h. zwischen den Gewerkschaften und
Sozialisten einerseits und den Kommunisten andererseits, wird notwendig
die Arbeiterparteien zur Demokratie und damit zum liberalen Regime treiben,
welches allein das Leben einer gesunden Demokratie verbürgt.
Die Art und Vielspältigkeit der politischen Parteien in den heutigen Par-
lamenten des kontinentalen Europa verhindern oft, daß eine einzige Partei
eine feste und sichere Mehrheit besitzt. Die Spaltungen der Parteien beruhen
nicht nur auf wirtschaftlichen Grundlagen und auf einer verschiedenen Auf-
fassung der Freiheit. Sie entsprechen nationalen Notwendigkeiten, politischen
Überlieferungen von Schichten und Klassen, wie z. B. Bauern nicht gern einer
Partei angehören, welche die Religion ablehnt oder interkonfessionell ist.
Die Verteidigung der Freiheit, wie auch die Verteidigung der Nationalität
kann Parteien verschiedener Richtung zusammenführen. Entgegengesetzte
Parteien können sich in einem Wirtschaftsprogramm sozialer Reformen zu-
sammenfinden. In manchen Ländern kämpfen katholische Minderheiten und
Sozialisten gemeinsam unter einem bestimmten Programm. Viele Regierungen
der kontinentalen Länder finden den Ausgleich zwischen Katholiken und
Sozialisten, Demokraten und Sozialisten, Katholiken und Liberalen.
Die öffentliche Meinung — vor allem die Gegner des parlamentarischen
Systems, fast ebenso zahlreich in der revolutionären wie ın den reaktionären
Kreisen — neigt dazu, diese Zuzammenschlüsse als willkürlich anzusehen und
von ihnen eine Beschränkung der Bewegungsfreiheit der Regierung zu be-
fürchten. Solche Zusammenschlüsse sind im Gegenteil oft genug nicht nur
notwendig, sondern auch heilbringend, weil sie Anschauungen und Interessen
vereinigen, die oft verwandter sind, als es den Anschein hat.
Sind aber an Stelle zweier großer traditioneller Parteien — wie lange Zeit
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