Full text: Bolschewismus, Fascismus und Demokratie

verwunden oder morden lassen. Der spanische König hat einen kleinen mili- 
tärischen Staatsstreich gemacht; wahrscheinlich wird bald ein anderer Staats- 
streich Ordnung und Freiheit wiederherstellen. Es handelt sich hier um eine 
Frucht des Landes, die nur dort selbst verzehrt werden kann, um ein Ereignis, 
das weiter keine Erörterung verdient. Spanien ist ein Land von großen natür- 
lichen Reichtümern und stolzen Männern und wird sich nach einer neuen 
Krise wieder aufrichten. Ob die Monarchie sich behaupten oder fallen wird, 
ist eine ziemlich unwichtige Frage. Man kann aber behaupten, daß die Dik- 
tatur der Monarchie nicht heilsam war und zur Ausführung sinnloser militäri- 
scher Unternehmungen beigetragen hat, welche die Mittel Spaniens erschöpfen. 
Die zwei Arten der Diktatur, welche Europa und die zivilisierte Welt inter- 
essieren, und die dasselbe unter verschiedenen Formen darstellen, sind der 
Fascismus und der Bolschewismus. Diese sind von größter Wichtigkeit und 
geben Anlaß zu Unruhen auch außerhalb des Landes, in dem sie entstanden. 
Ist ihre Nachahmung wahrscheinlich ? Ich glaube nicht. 
Der russische Bolschewismus hat einige Zeit eine große Anziehungskraft 
auf die Arbeitermassen gehabt; jetzt hat er sie aber fast überall verloren. Die 
proletarische Diktatur ist, wie jede Form von Diktatur, grausam gewesen 
und hat nicht nur jede Freiheit, sondern auch jede persönliche Sicherheit 
unterdrücken müssen. Um den feindlichen Kräften zu widerstehen, muß eine 
Diktatur den größten Teil ihrer Kraft auf die Verteidigung konzentrieren, 
d.h. praktisch auf die Vernichtung der Gegner. 
Der Bolschewismus ist eine ausschließlich russische Erscheinung. Nur ein 
Volk, das eine jahrhundertelange Tyrannei wie den Zarismus erduldet hat, 
konnte sich einer so heftigen Revolution, einer so völligen Verleugnung der 
Vergangenheit hingeben. Ein Volk widersteht umso mehr den Drohungen der 
Revolution und ist umso mächtiger in Krieg und F rieden, je größer an Zahl 
und Bildung seine Mittelklasse ist. Nun aber gab es und gibt es in Rußland 
eine ungeheuere Menge von Analphabeten, von Bauern, die noch gestern 
Knechte waren, und es gab zur Zeit des zaristischen Regimes am Hof, in der 
Staatsverwaltung und im Heer eine kleine Gruppe privilegierter Männer. Ver- 
derbnis und Intrige waren die Grundlage der gesellschaftlichen Beziehungen 
in der herrschenden Schicht, wie sie es mehr oder weniger in jeder absoluten 
Monarchie sind. Aber das kluge und gebildete Bürgertum war gering an Zahl, 
und die tätigsten Elemente erfuhren nur Mißtrauen und Verfolgung. 
Wenn ich vom Bürgertum spreche, will ich dieses Wort nicht im Sinne der 
Sozialisten brauchen, d.h. einer Klasse, die das Kapital unberechtigterweise 
besitzt. Ich nenne Bürgertum die ganze große Klasse, die nicht von Hand- 
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