38 Die methodologischen Grundlagen d. Grenznutzentheorie u. d. Marxismus
solche „materialistische Geschichtsauffassung‘‘ ist eine bourgeoise
Karikatur des’ Marxismus); gerade das umgekehrte ist der Fall:
beide Erscheinungsreihen — die Individualhandlungen und die
sozialen Erscheinungen — sind auf das engste gen etisch mit-
einander verbunden. Diese Unabhängigkeit ist ausschließlich
in dem Sinne aufzufassen, daß die objektiv gewordenen Ergeb-
nisse der individuellen Handlungen über jeden ihrer Teile im ein-
zelnen herrschen. Das „Produkt‘“ beherrscht seinen „Schöpfer“,
wobei der individuelle Wille in jedem gegebenen Moment durch
die bereits gebildete Resultante der Willensbeziehungen der ein-
zelnen‘ „,Wirtschaftssubjekte‘‘ bestimmt wird: der im Konkurrenz-
kampf besiegte Unternehmer oder der bankrotte Finanzmann sind
gezwungen, das Kampffeld. zu räumen, obwohl sie vorher als
aktive Größen, als „Schöpfer‘“ des gesellschaftlichen Prozesses
auftraten, der sich schließlich gegen sie selbst wandte**. Diese
Erscheinung ist der Ausdruck der Irrationalität, des „elementaren“
Charakters des wirtschaftlichen Prozesses im Rahmen der Waren-
wirtschaft, was sich so deutlich in der Psychologie des Waren-
fetischismus ausdrückt, der zuerst von Marx aufgedeckt und glän-
zend analysiert wurde. Gerade in der Warenwirtschaft findet der
Prozeß der ‚„Verdinglichung‘“ der Beziehungen zwischen den
Menschen statt, wobei diese „Dingausdrücke‘‘ infolge des elemen-
taren Charakters der Entwicklung ein besonderes „selbständiges“
Dasein führen, das einer spezifischen, diesem Dasein allein zu-
kommenden Gesetzmäßigkeit unterworfen ist.
Und so haben wir verschiedene Reihen individueller Erschei:-
nungen und die aus ihnen entstehenden Reihen sozialer Art; zwei-
2 „In wirtschaftlichen Beziehungen, schreibt Struve, wird das Wirt-
schaftssubjekt in seinen Beziehungen zu den anderen, ebensolchen Subjekten,
betrachtet, die .zwischenwirtschaftlichen Kategorien. (d. h. die Kategorien der
Warenwirtschaft N. B.) drücken die objektiven (oder die sich objektivieren-
den) Ergebnisse solcher Beziehungen aus: sie enthalten nichts „Subjektives‘,
obwohl ‚sie vom ;„Subjektiven‘“ . stammen; andererseits. enthalten sie auch
keinen. unmittelbaren Ausdruck für die. Beziehungen. der Wirtschaftssubjekte
zur . Natur, zur Außenwelt; in diesem Sinne enthalten sie nichts. „Objektives‘“
oder „Natürliches‘‘ (P. Struve: „Wirtschaft und Preis‘, Moskau 1913, S. 25,
26). Andererseits’ weist . Struve auf ‚das „naturalistische‘““‘ Element :in der
Werttheorie („geronnene Arbeit“). hin und. konstruiert. so. einen Widerspruch
zwischen demselben und dem. „soziologischen‘“ Element. Vergl. damit. Marx:
„Theorien ‚über .den Mehrwert“, 1, :S. 277: „Die Materialisation der Arbeit ist
jedoch nicht so schottisch zu: nehmen, wie A. Smith es _faßt. Sprechen wir
von der Ware: als Materiatur der Arbeit — in. dem Sinne ihres’ Tausch-
wertes —, ‚so ist. dies selbst. nur..eine: eingebildete, d. h. bloß soziale Existenz-
weise der Ware, die mit ihrer körperlichen Realität nichts zu schaffen hat“.
„Hier kommt die Täuschung daher, daß sich ein gesellschaftliches Verhältnis
in der Form eines Dinges darstellt‘ (S. 278). -