Internationale Rundschau der Arbeit
man als Meßziffer für die Vorkriegsproduktion die Zahl 100 nimmt,
Wer diese für 1914 auf 76,3 zurück, 1919 auf 67,6 und 1921
auf 45.
Ein anderes überzeugendes und wohl auch außergewöhn-
liches Beispiel für die Einflüsse beider Art, die der Stand des
Marktes auf die Produktion ausübte, liefert der Schiffbau der
Vereinigten Staaten. Wenn man als Meßziffer der 1913 fertig-
gestellten Tonnage die Ziffer 100 nimmt, so ist sie infolge der
starken Nachfrage 1916 auf 169 gestiegen, 1917 auf 360, 1918 auf
1140, 1919 auf 1568; dann läßt die Nachfrage nach, 1920 geht
die Ziffer auf 1029 zurück, 1921 auf 436 und 1922 auf 43.
In Bezug auf die Beschäftigungsmöglichkeiten der Arbeiter-
schaft wird die infolge mangelnder Absatzmärkte entstehende
Produktionskrise zur Arbeitslosigkeitskrise. Über die Ausdehnung
der Arbeitslosigkeit im Verlaufe der Weltwirtschaftskrise sind
schon einige Angaben gemacht worden. Aus den eingegangenen
Feststellungen, wie auch aus den im Amte selbst gemachten Be-
rechnungen, geht deutlich der schwere Schaden hervor, den die
Arbeitslosigkeit für die Wirtschaft des Landes bedeutet. AZrnest
S. Bradford, ein Mitglied des Beirates für Wirtschaftsfragen der
Landeskonferenz über Arbeitslosigkeit, erklärt in einer Unter-
suchung, die das arbeitsstatistische Amt der Vereinigten Staaten
veröffentlichte, daß der jährliche Lohnverlust infolge von Arbeits-
losigkeit und Kurzarbeit in Zeiten weniger schwerer Krisen als
der letzteren (1920—1922) nicht geringer sein dürfte als 3—5 Mil-
liarden Dollar, und er fügt hinzu, daß „dieser Beitrag weit höher
ist als in normaler Zeit‘. Seine allerniedrigste Schätzung würde
also verdoppelt 6—10 und verdreifacht für schlimmere Krisen-
jahre 9—15 Milliarden Dollar im Jahre ergeben. Das sind wahrlich
phantastische Zahlen.
Wenn man die Zahl der durch Beschäftigungslosigkeit ver-
loren gegangenen Arbeitstage und die durch amtliche Statistiken
oder aus den von den Verbänden eingegangenen Unterlagen sich
ergebenden Durchschnittslöhne verwendet, so ergeben sich für
1921 als Folge der Arbeitslosigkeit entstandene Lohnverluste
diese Ziffern: für Belgien: 158 Millionen Goldfranken, für Schweden
127,2 Millionen Goldfranken, für Norwegen 214,1 Millionen Gold-
franken und für Dänemark 221,5 Millionen Goldfranken.
Dergestalt also erhebt sich vor den öffentlichen Gewalten,
wie auch vor der öffentlichen Meinung, das große Problem des
Kampfes gegen die Arbeitslosigkeit und dadurch gegen die Krise
oder, mit anderen Worten, die Frage der Organisation der Absatz-
märkte und der regelmäßigen Entwickelung der Produktion.
6. Bei der Betrachtung des Kampfes gegen die Produktions-
krise in ihren beiden Formen muß auf die Mitwirkung der öffent-
lichen Gewalten ein besonderes oder gar ausschlaggebendes Ge-
wicht gelegt werden. Zunächst wurde deren Einmischung durch
die kritischen wirtschaftlichen Zustände der Kriegszeit hervor-
gerufen. Bei der Untersuchung, die dieser Seite der Frage in dem
Abschnitte über den Kampf gegen die Rohstoffkrise gewidmet ist,
ergab sich auch die Möglichkeit, die Ziele und Methoden ihres
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