Vorwort zur zweiten Auflage.
Seit dem ersten Erscheinen dieses Werkes sind auf dem Ge-
biete der Finanzpolitik der meisten Staaten große Veränderungen
vorgekommen. Auch die Finanzwissenschaft hat wertvolle Forschungs-
ergebnisse zu verzeichnen. Die neue Auflage bot Gelegenheit, nach
beiden Richtungen hin das vorliegende Werk der Gegenwart näher
zu bringen. Ich habe nach Möglichkeit das literarische und Tat-
sachenmaterial zu verwerten getrachtet, ohne den Umfang des
Werkes zu erweitern, was durch Reduzierung einiger Stoffe und
Daten erreicht wurde.
In der kurzen Zeit von wenigen Jahren hat das finanzielle
Leben der Völker vier charakteristische Stadien durchlaufen. Das
erste Stadium war der Weltkrieg: Einstellung der Privatwirtschaft
in die Kriegswirtschaft, kolossale Vernichtung von Werten. Das zweite
Stadium war das Debacle: Defizit im Staatshaushalt, grenzenlose In-
flation und Teuerung. Das dritte Stadium war die Sanierung: Über-
steuerung, Verschuldung. Das vierte Stadium Annäherung an nor-
male Zustände: Rückkehr geordneter Valutaverhältnisse, Stabili-
sierung, Herstellung des Gleichgewichts im Staatshaushalte, Förde-
rung der Zzerrütteten Privatwirtschaft, Investitionen, Steuer-
ermäßigungen. Als besondere Momente für diese Periode sind
noch hervorzuheben: Finanzdiktatur, Vorwiegen der finanziellen
Gesichtspunkte im Staatsleben. Aus dem Kaleidoskop der Er-
scheinungen möge eines besonders hervorgehoben werden. Wie wir
sehen werden, haben die historischen Gesellschaften die Steuerlast
immer mehr auf die größeren Vermögen und Einkommen gelegt,
dagegen bildet das revolutionäre Regime der kommunistischen
Proletardiktatur die ganze Skala der indirekten Steuern aus, die
zu allen Zeiten höchst unpopuläre Salzsteuer nicht ausgenommen.
Wo ward der soziale Geist finanziell zur Wahrheit?
Eine Unmasse neuer oder erneuter Tatsachen — ob auch neue
Wahrheiten, das ist wohl eine andere Frage — drängen sich dem
Forscher auf, dessen Aufgabe es ist, dieselben richtig zu werten.