Full text: Deutsche Wirtschafts- und Finanzpolitik

Stellt man diese Ziffern in Vergleich zu der oben errechneten 
Belastungssumme von über 13 Milliarden, so ergibt sich, daß 
die öffentliche Belastung des Volkseinkommens zwischen 25 und 
30 % beträgt. 
Eine derartige Überspannung ist auf die Dauer um so weniger 
zu ertragen, als auf der Produktion ja nicht nur die Steigerung der 
öffentlichen Abgaben lastet, sondern sie außerdem auch noch durch 
die Steigerung der Zinssätze, die Heraufschraubung der Verkehrs- 
tarife und endlich durch die Aufbürdung von Aufwertungslasten 
in ihrer Entwicklungsfreiheit auf das schwerste gehemmt wird. Die 
Verteuerung der Zinslasten um mindestens 100 %, die Erhöhung der 
FEisenbahntarife bis zu 300 % und die Millionenlast aus der Auf- 
wertung wirkt mit den öffentlichen Lasten in der Richtung zu: 
sammen, daß das Produktionskosten-Niveau auf einen Stand her: 
aufgeschraubt wird, der die Wettbewerbsfähigkeit auf dem Welt- 
markt äußerst erschwert und auf der anderen Seite die Einfuhr 
[fremder Waren nach Deutschland begünstigt. 
Beim Außenhandel kommt hinzu, daß sich das Ausland durch 
hohe Zollschutzmauern gegen die fremde Wareneinfuhr, insbe: 
sondere die Einfuhr aus Deutschland, absperrt und daß noch immer 
die Betätigung des deutschen Kaufmanns im Auslande Hemmunger 
unterworfen ist, die für die anderen Länder nicht in Betracht kom: 
men. Deutschland hat im Auslande noch immer nicht die wirt: 
schaftliche. Verkehrsfreiheit, die für den Außenhandel unentbehr- 
lich ist. 
In Verfolg all dieser Erscheinungen haben sich die innerwirt- 
schaftlichen Verhältnisse in Deutschland so entwickelt, daß wir seit 
einigen Monaten in einer sehr erheblichen Wirtschaftskrise stehen, 
die sich voraussichtlich im Laufe des Winters noch mehr verschärfen 
wird. Die Zahl der Konkurse und Geschäftsaufsichten hat derartig 
zugenommen, daß wir im November 1300 Konkurse und etwa 700 Ge: 
schäftsaufsichten, also etwa 2000 sichtbare neue wirtschaftliche 
Schwächepunkte hatten gegenüber etwa 1000 im Januar d. J. Dabei 
drückt sich die Lage in diesen Schwächepunkten noch nicht einmal 
völlig aus, denn nebenher geht das geräuschlose Sterben von vielen 
Unternehmungen. Die Landwirtschaft ist kurzfristig in außer: 
ordentlichem Maße verschuldet. Viele Güter verfallen der Zwangs- 
versteigerung, und manche Zwangsversteigerungen müssen abge» 
brochen werden, weil keine Käufer für die Güter da sind. So 
kommen alte und gut fundierte landwirtschaftliche Unternehmun- 
gen unter den Hammer, und der Gütererlös beträgt heute etwa 1% 
bis 4% des Friedenswertes. Die Statistik der Wechselproteste zeigt
	        
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