Ablehnung des 83 in toto entschieden haben, so werden
wir bei ihnen immer auf klare logische Gründe und
Sedankengange stoßen. Schon zu Anfang sagte ich ja,
daß die Ablehnung des ganzen 83 viel konsequenter
ist, als die alleinige Ablehnung seines Abs. Il. Aber trotz
dieser gewissen Schlüssigkeit der Argumente! vermißt
man stets, um mit Radbruch zu reden: die Einfühlung
in den „Sinngehalt sozialer Lebenstatsachen.“
So meint Schirrmeister?, &83 erscheine unnatürlich,
und fährt wörtlich fort: „Meiner Ansicht nach lassen
sich für diese Abnormität — unter Berücksichtigung des
ganzen Charakters des neuen 36B's juristische Gründe
nicht geltend machen. Es können nur historische und poli⸗
tische Gründe gewesen sein, die den Gesetzgeber zu dieser
Ausnahme veranlaßten“. In diesem Satz, der in der Spe⸗
zialliteratur zu ð3 vielfach unkritisch wiederholt wurde,
ist ein bewußter Verzicht auf das Studium der soziologi⸗
schen Gegebenheiten ausgesprochen. Schirrmeister stellte
sich damit auf einen naturrechtlichen Boden, von dem
us er das Recht als etwas absolutes, aus sich heraus
VPerstãndliches. Allgültiges ansieht. Nur so ist es erklär⸗
lich, daß er unterscheiden kann zwischen dem, was er
„juristische* und dem Anderen, was er „politische“
Srüunude nennt. Diese ganze Unterscheidung ist unmoöglich.
Das Recht schwebt nicht beziehungslos über den polis
tischen und historischen Gegebenheiten und Normen.
„Stoff des Rechts ist die mittels sozialer Begriffe vor⸗
geformte Gegebenheits“.
Die Motive, die gem gegenüber Stadthagen zu seiner
ablehnenden Stellung zu 83 führten, waren sein indi⸗
Pgl. Ritter in Arch. f. bürg. Recht, Bd. 20 S.2091 sowie Müller⸗
Erzbach, Lehrb. S. 60.
2 G. Schirrmeister a. a. O. S. 431.
So G. Radbruch a. a. O. S. 349, uud R. Stammler, Die Lehre
bom richtigen Recht S. 233 sagt: „Es gibt keine Lebensverhälts
nifse, gie nicht unter der Bedingung von Normen des Ver⸗
haltens liegen.“