Full text: 10 Jahre Wiederaufbau

denn diese Feier wurde auf die Sender München, 
Nürnberg, Stuttgart, Frankfurt a. M., Prag und 
Warschau übertragen und seit damals hat sich der 
Gedanke, die besten künstlerischen Kräfte aller Länder 
durch wechselseitigen Austausch der Sendeprogramme 
immer mehr durchgesetzt. a 
Der technische Ausbau des Sendernetzes Oester- 
reichs schritt unterdessen immer weiter fort. Weih- 
nachten 19206 hatten die Probesendungen des Inns- 
brucker Senders begonnen, der Grazer Sender 
erfuhr mehrfache Verbesserungen, ein Zwischensender 
für Linz. von 500 Watt Energie wurde in Auftrag 
gegeben, der anfangs Juni 1928 in Betrieb gesetzt 
werden konnte und gleichfalls von Wien gesteuert 
wird. Im Juli 1927 wurde auch der Auftrag erteilt, 
die Sendeanlagen auf dem Rosenhügel neu aus- 
zugestalten und die Energie des Senders auf das 
Doppelte zu erhöhen. Wie vorausgesehen war, konnte 
die Fertigstellung der neuen Anlage, welche eine 
Verstärkung der Antennenenergie von 7 KW auf 
15 KW mit sich brachte, am 8. Mai 1928 beendet 
werden, so daß Wien seit diesem Zeitpunkt über 
einen Rundfunksender verfügt, der mit zu den stärk- 
sten modernen Anlagen dieser Art in Europa zählt. 
Auch der Betrieb der Uebertragungsleitungen zu den 
Zwischensendern ließ sich allmählich vereinfachen, da 
sich durch den Bau des Fernkabels die teils nieder-, 
teils hochfrequente Steuerung des Innsbrucker Senders 
wesentlich vereinfachte, anderseits aber auch die hoch- 
frequenten Uebertragungen nach Klagenfurt sich durch 
geeignete Maßnahmen wesentlich verbessern ließen. 
Der Musikvereinssaal wurde gleichfalls in das 
Netz der Aufnahmeräume aufgenommen und der 
Sommer 1928 brachte die Errichtung eines neuen, 
modernen und großen Studio im ehemaligen Parisien 
des Ronachergebäudes in Wien. Damit hat die 
Ravag einen neuen Senderaum erhalten, der besonders 
für musikalische Uebertragungen eingerichtet wurde 
und die gegenseitige Behinderung musikalischer und 
literarischer Proben, die in den wenigen zur Ver- 
fügung stehenden Räumen einander stören konnten. 
aufhob. 
Um die . zahlreichen Uebertragungen immer weiter 
auszugestalten, wurden die Anlagen, die diesem Zwecke 
dienen, verbessert und ausgebaut. Eine Fernempfang- 
station in Laxenburg bei Wien dient dazu, aus- 
‘"ändische Rundfunksender möglichst störungsfrei auf- 
zunehmen und an die österreichischen Sender 
weiterzugeben. Ein tragbarer Kurzwellensender 
dient gleichfalls der Uebertragung aktueller Ereig- 
nisse, 
Im Oktober 1928 hat die Ravag den Bildrund- 
funk zur Einführung gebracht, so daß täglich aktuelle 
Bilder sowie Illustrationen zu den Vorträgen ausge- 
strahlt werden können. 
Alle diese Möglichkeiten der technischen Entwick- 
lung wären nicht erreichbar gewesen, wenn nicht das 
nteresse der österreichischen Bevölkerung für den 
Aundspruch stets weitergestiegen wäre. Während im 
Vai 1925 154,566 Teilnehmer gezählt wurden, brachte 
der. Mai 1926 219,118 Teilnehmer, der Mai 1927 
274.352 Teilnehmer und der Mai 1028 293.408 Teil- 
aehmer. Heute hat die Teilnehmerzahl bereits 300.000 
überschritten und Oesterreich steht sowohl in bezug 
auf die Gesamtzahl der Teilnehmer wie auch in 
bezug auf ihr Verhältnis zur Bevölkerungsdichte an 
vierter Stelle unter allen europäischen Staaten. 
Niemals wäre es möglich gewesen, dieses große 
'nteresse wachzurufen, wenn nicht ‚gleichzeitig dem 
Ausbau des Programmes die größte Sorgfalt gewidmet 
worden wäre. Anfangs waren Ssolistishe Dar- 
bietungen musikalischer Art die Regel. Bald 
zelang es, Quartette und Kammermusik heranzuziehen. 
Jer November 1024 brachte bereits die ersten Ver- 
suche von Chorübertragungen. Die Senderäume 
waren aber im Kriegsministerium noch ungeeignet, 
um größere Darbietungen zu bringen. Trotzdem 
wurden. kleinere Konzerte versucht, Operettenauf- 
führungen, teilweise mit Klavierbegleitung fanden 
Gefallen. Auch Mitglieder der Staatsoper begannen 
regelmäßig im Programm der Sendungen zu er- 
scheinen. Durch Vergrößerung des einzigen Studio 
konnten von Anfang 1025 an auch kleinere Or- 
hester ihre Konzerte bringen, am 7. April 1925 
wurde der erste Versuch einer Opernaufführung ge- 
wagt und am IO0. Mai des gleichen Jahres trat Pietro 
Mascagni ans Dirigentenpult und zog so die Auf- 
merksamkeit aller Kunstkreise auf das aufblühende 
Rundfunkwesen. Einen Wendepunkt bedeutete die 
arste Uebertragung eines Mandolinenkonzerts aus dem 
zroßen Konzerthaussaal am 24. Mai 1925, das zum 
arsten Male den freien, vollen Klang des großen 
iaumes wiedergeben ließ. Es gelang, den Strauß- 
‘‚annersaal des Wiener Konzerthauses für solche 
Vorführungen regelmäßig zu erhalten und seit diesem 
Zeitpunkt wurde ein Großteil aller Orchesterkonzerte 
und -Operndarbietungen, ‚die einen großen Auf- 
schwung nahmen, von dort übertragen. Durch An- 
schluß der großen Konzertsäle und der Staatsoper 
wurde eine sehr bedeutende Erweiterung der Sende- 
nöglichkeiten erreicht und von diesem Zeitpunkt an 
st der österreichische Rundfunk aufs innigste mit dem 
Musikleben Wiens verknüpft. Die Auslandsüber- 
:ragungen kamen hinzu, das neue Studio im Ronacher- 
gebäude bringt neue Möglichkeiten sorgfältigster Eigen- 
aufführungen, so daß der musikalische Rundspruch 
der Ravag immer neue Blüten ansetzt. 
Auch die literarische Programmgestaltung 
ist den gleichen Weg gegangen. Anfangs bestand das 
literarische Programm aus Rezitationen, Märchen- 
nachmittagen und kurzen Vorlesungen. Die Radio- 
bühne trat dann hinzu und der Allerseelentag 1924 
brachte die erste derartige Aufführung „Der Acker- 
mann und der Tod”. Bereits im Dezember 1024 be“
	        
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