Full text: 10 Jahre Wiederaufbau

DIE KATHOLISCHE BEWEGUNG IN ÖSTERREICH 
Von Monsignore Jakob Fried, Generaldirektor des katholischen Volksbund für Österreich. 
In Österreich haben wir schon seit Jahrzehnten eine 
Reihe von katholischen Vereinen und Organisationen, 
die auch nach dem Krieg und dem Umsturz ihre Arbeit 
fortgesetzt haben. Gemeinsame Besprechungen und Kon- 
ferenzen haben letzten Endes nun auch zu einer orga- 
nisch gegliederten Zusammenarbeit geführt. 
Wenn vor dem Kriege verhältnismäßig wenig Jugend- 
vereine bestanden, so haben wir jetzt eine in aller Form 
»ffizielle katholische Jugendorganisation, sowohl für die 
Burschen als auch für die Mädchen. Wir besitzen schon 
über 1000 katholische Burschen- und Jugendvereine 
mit rund 45.000 Mitgliedern, die im Reichsbund der 
katholischen deutschen Jugend Österreichs vereinigt 
sind. Die Mädchenwelt hat ihre Organisation im Reichs- 
verband der katholischen Mädchenvereine Österreichs 
mit rund 600 Vereinen und 60.000 Mitgliedern. Für 
die Knaben besitzen wir in der Pfadfinderbewegung eine 
starke aufstrebende Organisation, ebenso ist die „Frohe 
Kindheit“ eine immer erfolgreicher werdende Zusammen- 
fassung der Kinder christlicher Eltern. Für die Frauen be- 
sitzen wir in den ‚Städten und größeren Orten die 
katholische Frauenorganisation, die in ganz Österreich 
eine sehr segensreiche Tätigkeit ausübt. In Wien und 
einer Reihe von größeren Städten und Industrieorten 
wird die katholische Männervereinsbewegung immer 
stärker; der katholische Männerverein in der Erz- 
diözese Wien zählt bereits gegen 15.000 Mitglieder. 
Die gesonderte Organisation der Katholiken nach den 
einzelnen Ständen hat sich als sehr zweckmäßig heraus- 
gestellt und wird immer mehr fortschreiten. 
Die Zusammenfassung der vier Standesgruppen zu 
einer einheitlichen Arbeit und Organisation geschieht 
durch den katholischen Volksbund, dem die genannten 
Standesvereine als solche angegliedert sind. Der katholi- 
sche Volksbund zählt grundsätzlich alle Mitglieder der 
Standesorganisationen zu seinen Mitgliedern und kann 
auf sie einwirken. Durch die auch pfarrweise gegebene 
Zusammenfassung der Standesvereine in die Volksbund- 
gruppe ist es möglich, daß durch ein gemeinsames Ver- 
trauenspersonensystem für alle gemeinsamen Aktionen 
gesorgt werden kann zum Beispiel für die Presse, für 
die Volksbildung, Volksbibliotheken, soziale und staats- 
bürgerliche Schulung, gemeinsame religiöse Kundgebun- 
gen usw. 
Die kirchliche Organisation des Landes in den einzel- 
nen Diözesen hat auch die diözesanweise Zusammen- 
fassung der Standesvereine in Diözesanverbände und 
des Volksbundes in Diözesanvolksbünde zur Folge ge- 
habt. Auf diese Weise ist es möglich, die agitatorischen 
und organisatorischen Arbeiten auf eine Reihe von 
Unterstellen in bester Weise zu verteilen. Diese Unter- 
teilung gibt auch den zuständigen kirchlichen Behörden 
die Möglichkeit, den ihr auf das katholische Vereins- 
leben zukommenden Einfluß in der hesten Weise aus- 
zuüben. 
Da es aber außer diesen an die eigentlichen organi- 
zatorischen Vereinbarungen gebundenen Arbeiten noch 
»{ 
sine Reihe von katholischen Zwecken und Werken gibt, 
‘ür die eigene Einrichtungen bestehen, zum Beispiel die 
"rziehungs- und Schulorganisation, die Karitaswerke, 
las Kanisiuswerk, die Missionsvereine usw., gesamte 
zerufliche katholische Standesbewegung wie für die 
Arbeiter, Bauern, Lehrer usw., mußte außer der im 
VYolksbund gegebenen gemeinsamen organisatorischen 
/lattform noch eine diözesanweise Zusammenfassung 
aller katholischen Vereine und Werke geschaffen werden, 
lie wir nun in der Katholischen Aktion besitzen. Die 
<atholische Aktion ist diese gesamte Zusammenfassung, 
venn sie auch in erster Linie von den oben genannten 
»rganisatorischen Vereinigungen getragen wird. Die 
Catholische Aktion ist in irgendeiner Form in allen 
Diözesen Österreichs gegeben. Die beste Ausbildung ist 
n der Erzdiözese Wien gegeben, wo sie unter dem Prä- 
ädium Seiner Eminenz des hochwürdigsten Herrn Kar- 
linals Dr. Friedrich Gustav Piffl steht. Ein eigener 
\rbeitsausschuß unter einem Diözesandirektor der 
<atholischen Aktion besorgt die laufenden Arbeiten. Im 
November 1027 haben die österreichischen Bischöfe auch 
lie Richtlinien für die Katholische Aktion in Österreich 
zenehmigt. Die Vorbereitungsarbeiten zur Durchführung 
1aben bei einer am 3. April in Salzburg abgehaltenen 
Jelegiertentagung der Vertreter aller Länder und 
Diözesen ihren Abschluß gefunden; die Katholische 
\ktion für Österreich steht ebenfalls unter dem Präsi- 
lium des hochwürdigsten Episkopates, besitzt aber auch 
zur Durchführung der Beratungen einen großen von 
allen Diözesen und den katholischen Reichsorganisationen 
ınd Werken beschickten Gesamtvorstand von über 
{O0 Mitgliedern, Aus diesem heraus wurde eine engere 
„eitung von nur neun Personen gewählt, an deren Spitze 
ler Direktor der Katholischen Aktion der Erzdiözese 
Wien steht. Grundsätzlich ist so in allem die Form für 
Jas katholische Organisations- und Vereinsleben ge- 
zeben. Von dieser Form soll die katholische Bewegung 
n erster Linie getragen werden, wenn auch die gesamte 
zeistige Arbeit aller hervorragenden Männer und Frauen 
ınd besonders des Klerus als solchen dazu unerläßlich 
st. Diese Faktoren zusammen werden den Inhalt und 
Jen Geist der katholischen Bewegung bestimmen; nach 
außen und ins Volk tragen muß ihn die organisatorisch 
zegehene Form. 
Die katholische Bewegung in Österreich hat ein 
‚eiches Betätigungsfeld. Es sind vor allem die Forderun- 
zen der Zeit, die ein zielbewußtes Mitarbeiten der katho- 
ischen. Kreise im gesamten Kultur- und öffentlichen 
„eben notwendig machen. Die Entwicklung der Mensch- 
jeit und der Gesellschaft, die Entwicklung aller Verhält- 
aisse darf nicht ohne die intensivste Anteilnahme aller 
katholischen Kreise vor sich gehen. Katholische Mitarbeit 
am Aufbau unserer Zeit und unserer Verhältnisse legt 
ans große und verantwortungsvolle Pflichten auf. Das 
katholische Österreich hat sich die Rüstung geschaffen, 
Jie es braucht, um seinen Platz in unserer Zeit aUS- 
füllen zu können. 
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