Full text: 10 Jahre Wiederaufbau

Der auf 650 Millionen Goldkronen verbleibende 
Rest von rund 19 Millionen Goldkronen wurde bis- 
her überhaupt nicht in Anspruch genommen. 
Die Begebung der Völkerbundanleihe erforderte 
eine längere Vorbereitungszeit. Im März 1923 wurde 
zunächst in sechs Staaten die Unterbringung von 
kurzfristigen österreichischen Staatsschatzscheinen in der 
Höhe von 78,620.000 Goldkronen ermöglicht, die aus 
dem Erlös der Völkerbundanleihe zurückzuzahlen 
waren. Im Juni 1923 erfolgte sodann die Begebung 
in der Form einer 20 jährigen, durch Rückkauf oder 
Verlosung zu tilgenden Anleihe. Obwohl die Pfände: 
und Garantie-Erklärungen für die ganze Völkerbund- 
anleihe einheitlich gelten, erfolgte die Begebung deı 
Anleihe doch in elf verschieden gestalteten, in ihrem 
Belastungseffekt für Österreich aber ziemlich gleich- 
artigen nationalen Tranchen, wobei sich sowohl be- 
züglich der Höhe der Tranchen als der Begebungs- 
länder Abweichungen gegenüber den Garantie-Über- 
nahmen ergaben. Es konnten Tranchen in den Ver- 
einigten Staaten. von Nord-Amerika, in Österreich 
selbst und in der Schweiz (neben der selbständigen 
Schweizer Anleihe) untergebracht werden, welche 
Länder keine Garantieverpflichtungen übernommen 
hatten; eine dänische Tranche wurde nicht aufgelegt; 
die englische Tranche ist beträchlich größer als der 
Garantiequote entspräche und ähnliches mehr. Die 
Details ergeben sich aus der folgenden Übersicht: 
- Garantie-Vbernahmen. 
Garantierender Staat | Ja ec CK | 
Frankreih ....... © 
Großbritannien ERS 
Tschechoslovakei . . . . \ 
Italien... 0.0.0.0... ; + 
Belgien . 2.2... a. 
Schweden .... 1. Eu 
Dänemark ... 
Holland . . 
Spanien . 
718 
2*8 
578 
18:6 
2:00 
0.6) 
DB 
2 Summe ... 
Hiezu selbständiges Schweizer Dar- 
lehenrund. . . 2.2... . 8:00 ) 
Schlußsumme: . . . | 97% = GK 631.000.000 
Da die Österreichische Nationalbank nach dem 
{IL Genfer Protokoll die Aufgaben eines Staatskassiers 
auszuüben hat, wurden die Erlöse sowohl der kurz- 
als der langfristigen Anleihe-Transaktionen unmittel- 
bar der Österreichischen Nationalbank. zugunsten. der 
Regierung in den Originalwährungen gutgeschrieben. 
Die Regierung hat sodann mit Zustimmung des Ge- 
neralkommissärs oder des an seine Stelle getretenen 
Funktionärs Abhebungen durchgeführt, welche ent- 
weder in der Originalwährung verwendet oder aber 
in die österreichische Währung überführt wurden; 
die zunächst nicht benötigten Beträge der in anderen 
Währungen eingeflossenen Anleihe-Erlöse wurden in 
die Pfund- oder Dollarwährung umgewandelt. Wäh- 
"ungspolitisch wichtig war, daß einerseits die Anleihe- 
Zrlöse solange als möglich in ausländischer Währung 
zeführt wurden, wodurch eine zu rasche Vermehrung 
ler inländischen Zirkulation vermieden werden konnte, 
und daß andererseits die Österreichische National- 
jank bei dieser nur sukzessive vor sich gehenden 
Jmwandlung der ausländischen in die inländische 
Währung großenteils in der Lage war, die ausländi- 
‚sche Valuta selbst zu erwerben und in dieser Form 
zu behalten; hiedurch konnte sie ihren eigenen 
Devisenbesitz allmählig vermehren, ohne den Devisen- 
narkt in Anspruch zu nehmen. Es spricht dies um 
;o mehr für die relativ günstige Situation der österrei- 
;hischen Zahlungsbilanz, als der Österreichischen 
Nationalbank überdies auch noch Devisen aus dem 
xeien Verkehr zugeflossen sind. 
Aus der Völkerbundanleihe wurden zuzüglich des 
-ealisierten Saldos der eingetretenen Kursveränderun- 
zen der ausländischen Währung sowie der bis 1024 
erlaufenen und vom Generalkommissär dem Anleihe- 
arlös zugeschlagenen Aktivzinsen insgesamt erlöst 
923‘4 Millionen Schilling. 
Hievon wurden verwendet: 
in Millionen Schilling 
Zur Deckung von Gebarungsabgängen ex 
1922 (bzw. zur Rückzahlung der hiefür ver- 
wendeten Voörschüsse) . . .. 0.0... 211'4 
Zur Deckung von Gebarungsabgängen ex 
1928. 2000004 HH HH HH HH 2887 dA44 
Als Sicherstellungsdepot gemäß Punkt 10 des General 
Bond 2 2 HH 579 
Als vorweg abgezogene, ab 1. Jänner 1926 jedoch 
aufgehobene Kuponsteuer der italienischen Trandhe 1° 
Für Investitionen im Jahre 1923. .... 762 
» m 19240 0000004 147 
r» 195.0. ... 297 
» 1926. . . +. + 1078 
». 10927. +. + + 110° 
; 1928 . 20°7 
für verzinslichhe Darlehen zur Förderung der Milch- 
wirtschaft +. 0.000000 Ö— 
Summe . . .. . . 8736 
DT UHR. 9234 
ergebende Rest von . a 498 
ist noch verfügbar und zur Rückzahlung der Darle- 
1ensschuld an die Österreichische Nationalbank be- 
stimmt. 
Es erhellt aus dieser Übersicht, daß sich die wirt- 
schaftliche Entwicklung wesentlich günstiger gestaltete, 
als vom Völkerbund angenommen worden war; denn 
2 wurden nur zirka 48% des Anleiheerlöses zur 
Deckung von ‚Budgetabgängen, der Rest aber für 
.nvestitionen und für Währungszwecke (Rückzahlung 
an die Österreichische Nationalbank) verwendet. 
Nach dieser allgemeinen Übersicht über die für 
lie spätere Tätigkeit der Österreichischen National- 
bank wichtigen Daten seien im folgenden einige De- 
tails über die Österreichische Nationalbank selbst 
und ihre weitere Entwicklung beigebracht. 
Die Österreichische Nationalbank ist am 2. Jänner
	        
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