Full text: 10 Jahre Wiederaufbau

die Gesamtgebiete der Bakteriologie, der Serologie und 
ler Infektionskrankheiten umfaßt, ist in zahlreichen wert- 
vollen Publikationen niedergelegt. 
Im Jahre 1924 wurde die allgemeine Regelung der 
Vieh- und Fleischbeschau durchgeführt, indem durch Er- 
‚assung einer diesbezüglichen Ministerialverordnung die 
in den einzelnen Bundesländern bestehenden verschieden- 
artigen und veralteten Vorschriften durch einheitliche, 
dem Stande der fleischhygienischen Wissenschaft Rech- 
nung tragende Grundsätze ersetzt wurden. Die amtlichen 
Untersuchungen und Begutachtungen der Tiere im leben- 
den und geschlachteten Zustande haben nunmehr nach Nor- 
men zu erfolgen, die unter sorgfältigster Bedachtnahme 
auf alle hiebei in Betracht kommenden Interessen fest- 
zelegt wurden. Durch Einführung der bakteriologischen 
Untersuchung des Fleisches sollen dem Volksvermögen 
3roße Werte erhalten, durch Schaffung der Institution 
der Freibänke bessere Verwertungsmöglichkeiten für das 
Wleisch notgeschlachteter Tiere, für minderwertiges oder 
bedingt taugliches Fleisch erzielt werden. Von sonstigen 
Yrganisatorishen Maßnahmen auf dem Gebiete des 
Veterinärwesens ist hervorzuheben, daß eine neue, den 
gegenwärtigen Verhältnissen Rechnung tragende tier- 
ärztliche Physikatsprüfungsordnung erlassen wurde. Bei 
>haffung der österreichischen Bundesverfassung wurde 
lie Aufnahme der wichtigen Bestimmung nachdrüclichst 
gestrebt und erzielt. daß das Veterinärwesen bezüglich 
zesetzgebung und Vollziehung eine Angelegenheit des 
3undes ist. Denn nur dann, wenn einheitliche veterinär- 
»olizeiliche Vorschriften erlassen und unter der Über- 
vachung einer obersten Veterinärbehörde überall ein- 
ıeitlich gehandhabt werden, erscheint eine erfolgreiche 
"ätigkeit in der Tierseuchenbekämpfung verbürgt. 
Nach den vorstehenden Darlegungen hat auch die öster- 
eichische Veterinärverwaltung in den seit dem Bestande 
les Staates zurückgelegten schweren Jahren am Wieder- 
ıufbau unserer Land- und Volkswirtschaft in mannig- 
acher Weise mitgewirkt und den an sie gestellten An- 
orderungen, trotz den durch die Ungunst der Verhältnisse 
‚edingten Unzulänglichkeiten, im vollen Maße entspro- 
hen. Durch die Einleitung spezieller Vorkehrungsmaß- 
ıahmen hat eine Einschleppung gefährlicher Tierseuchen 
ıemals stattgefunden. Wie aus den vom Bundesministe- 
ium für Land- und Forstwirtschaft herausgegebenen 
ımtlichen Veterinärnachrichten, in welchen der Ausweis 
iber den Stand der Tierseuchen in Österreich publiziert 
vird, entnommen werden kann, kann auch sonst der 
jerseuchenstand in Österreich nach wie vor als günstig 
ıezeichnet werden. Es ist dies unserer einheitlichen, allen 
\nforderungen gerecht . werdenden Tierseuchengesetz- 
‚ebung und Organisation der Veterinärverwaltung, nicht 
mletzt aber der Umsicht und Tatkraft eines in der Tier- 
euchenbekämpfung geschulten Veterinärpersonales zu 
lanken. 
DAS MILCHWIRTSCHAFTLICHE GENOSSENSCHAFTSWESEN IN 
ÖSTERREICH 
Von W. Hoffmann iun., Direktor-Stellvertreter der Niederösterreichischen Molkerei. 
Die österreichische Milchwirtschaft ist durch das Vorherr- 
hen des genossenschaftlichen Gedankens der Milchver- 
wertung gekennzeichnet. Auf diesem Gebiete kommt sie so- 
3ar Dänemark, dem Musterland genossenschaftlicher Orga- 
lisation nahe, da in Oesterreich nicht nur die Milchauf- 
ringung und Verarbeitung genossenschaftlich organisiert 
St, sondern auch der Detailverkauf der Milch an den 
Konsumenten zum größten Teile durch genossenschaft- 
iche Vereinigungen der Landwirte erfolgt. Selbst in der 
Hauptstadt Wien ist genossenschaftlichhe Milch vor- 
lerrschend. Von den 750.000 Litern, die täglich nach 
Wien geliefert werden, sind gegen 600.000 Liter ge- 
1össenschaftlich aufgebracht. 300.000 hievon gelangen 
ch durch eigene Zentralbetriebe dieser Milchgenossen- 
haften in der Stadt zum Verkauf. 
Ich will nun im F olgenden versuchen, einen kurzen 
Jeberblidk über die Entwicklung des milchwirt- 
;haftlichen Genossenschaftswesen in Oester- 
“eich und die bedeutenden Erfolge, die es aufzuweisen 
ltte, zu geben und glaube, daß, wenn auch Oesterreich 
leute ein armes, unter den Kriegsfolgen leidendes Land 
'St, das sich an technischen Fortschritten mit den reichen 
Weststaaten nicht messen kann, das Gebiet der land- 
Wirtschaftlichen Organisation doch so mustergültig ist, 
laß auch andere Länder, in welchen ähnliche Be- 
strebungen der landwirtschaftlichen Kreise herrschen, 
hievon lernen können. Besonders werde ich natürlich die 
Verhältnisse in der Milchversorgung Wiens hervorheben, 
la dies der einzig ausschlaggebende Markt für die Er- 
‚eugnisse der österreichischen Milchwirtschaft ist und 
ındererseits auch für die Kreise, die mit den internen 
jsterreichischen Verhältnissen nicht so vertraut sind, 
nteressanter erscheinen dürfte. 
So wie in anderen Ländern war auch die Milchwirt- 
haft in Oesterreich in früheren Zeiten nur ein Neben- 
‚weig des landwirtschaftlichen Betriebes. Die Produkte 
vurden im eigenen Haushalte des Landwirtes verzehrt 
ınd gelangten nicht zum allgemeinen Konsum. Was nicht 
ıls Frischmilch verbraucht wurde, wurde zumeist zu 
Dauerprodukten wie Butter und Käse, verarbeitet. Die 
\bfälle dieser Erzeugung wurden an das eigene Vieh 
‚erfüttert. Allmählich mit zunehmendem Viehstand und 
;Thöhter Milchergiebigkeit ist es möglich geworden, die 
Jeberschüsse an Milch und Milcherzeugnissen zum Ver- 
caufe zu bringen. 
Die Versorgung der Bevölkerung in den Städten und 
ndustriezentren entwickelte sich erst allmählich, zuerst 
ırfolgte die Versorgung durch Milchproduzenten im Orte 
elbst und die in der Umgebung bestehenden landwirt- 
haftlichen Betriebe. Noch im Jahre 1900 standen im 
;tadtgebiete von Wien rund 11.000 Kühe. Die Landwirte 
ler nächsten Umgebung brachten ihre Milch täglich selbst 
‚er Fuhrwerk in die Stadt und auf die Märkte. Mit zu- 
ı1ehmender Bevölkerungszahl ergab sich aber bald die
	        
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