Full text: 10 Jahre Wiederaufbau

erzielt, andererseits der Konsument - billig beliefert 
werden kann. Tatsächlich hat heute Oesterreich neben 
ler Schweiz den höchsten Produzentenpreis der Welt, 
während andererseits der Detailverkaufspreis in Wien 
Niedriger ist als in vielen anderen Ländern, welche einen 
ıcht so hohen Produzentenpreis zahlen, wie zum Beispiel 
Deutschland, England und die Vereinigten Staaten von 
Nordamerika. In Wien hob sich durch die genossenschaft- 
iche Organisation der Produzentenpreis der Milch um 
ıaahezu 200% von 8-10 Heller bei der Gründung der 
Niederösterreichischen Molkerei auf 22'4 Heller im Jahre 
IQ12, und zwar nicht nur für die Mitglieder dieser 
Molkerei, sondern allgemein, da auch die privaten 
Sammler gezwungen waren, dieselben Preise anzulegen, 
um überhaupt Milch zu bekommen. Ein weiterer Vorteil 
legt natürlich für den Landwirt in der Sicherheit des 
Absatzes und der Bezahlung, sowie in der Kontrollmög- 
lichkeit der Leitung. 
Die österreichische Milchwirtschaft entwickelte 
3ich in der weiteren Folge sehr rasch, die Milcheinlieferung 
nach Wien stieg auf 280 Millionen Liter im Jahre 1014. 
In Niederösterreich allein wurden bis zu diesem Jahre 
76 Milchgenossenschaften gegründet, welche alle über 
Moderne, nach einheitlichen Plänen gebaute Mildchüber- 
nahms- und Kühlhäuser verfügten. Die beiden Ge- 
ü0ssenschaftsmolkereien in Wien wurden erweitert 
und mit modernen Maschinen ausgestattet, auch im 
öffenen Lande und in den Provinzhauptstädten kam 
8 zur Gründung ähnlicher genossenschaftlicher Milch- 
verwertungs-Unternehmungen, sowie zur genossenschaft- 
lichen Butter- und Käseerzeugung, Die Qualität der ge- 
amten Produktion wurde gehoben, da die Ansprüche 
ler Konsumenten sich den durch die Genossenschafts- 
nolkereien gebotenen Qualitätsprodukten anpaßten. 
Der Krieg brachte naturgemäß einen gewaltigen Rück- 
chlag. Die Produktion nahm ständig ab, die Kuhzahl 
ing um 26% zurück, aber auch die Ergiebigkeit der 
inzelnen Kühe war bedeutend schlechter, da das nötige 
"utter fehlte. Die größtenteils aus dem Auslande ein- 
‚eführten Kraftfuttermittel mußte man nahezu gänzlich 
ntbehren, viele Futtermittel wurden für den mensch- 
ichen Genuß ausgenützt, so zum Beispiel Kleie, Mais 
sw. und der Anbau lieferte durch das Fehlen von Ar- 
‚eitskräften und Düngermitteln bedeutend schlechtere 
tesultate. Besonders unglücklich erwies sich der Gedanke 
ler Preisregulierung durch die Regierung, welche zwangs- 
veise die Preise bestimmte, wobei diese weit unter die 
zestehungskosten kamen, so daß jeglicher Anreiz zur 
’roduktion verloren ging und die wenige produzierte 
Ailch dem regulären Markte entzogen und in die trüben 
Canäle des Schleichhandels floß. Die Milcheinlieferung 
ı1ach Wien ging sukzessive bis zum Jahre 1919 auf 8% 
ler Vorkriegslieferungen zurück, in den städtischen 
ANolkereien und den ländlichen Sammelstellen stockte 
ede Investitionstätigkeit und es schien, als werde der 
sanze Aufbau der Milchgenossenschaften und deren 
Zentralen gänzlich zusammenbrechen. Wenn trotzdem 
ıur verhältnismäßig wenig Genossenschaften ihre Milch- 
;ammelbetriebe vollständig einstellten, so war es jenen 
veitsichtigen und unerschrocdkenen Landwirten zu danken, 
welche den Bestand ihrer Genossenschaft unbedingt 
sichern wollten und dabei auf den momentanen Vorteil 
Dactenrisier- und RBeinigunssanlage der Niederösterreichischen Molkerei. Stundenleistung: 21.009 Liter
	        
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