Full text: 10 Jahre Wiederaufbau

Tätigkeit der Strombauverwaltung auf eine annähernd 
defriedigende Höhe zu bringen. 
Die Tätigkeit der Strombauverwaltung in der Nach- 
<riegszeit wäre nicht genügend gekennzeichnet, wenn 
licht auch jener Bestrebungen Erwähnung getan 
werden würde, die einerseits die gewaltigen im Strome 
aufgespeicherten Energiemengen an weißer Kohle 
dem Vaterlande dienstbar machen sollen, andererseits 
= mit diesen Bestrebungen im Zusammenhange — die 
Schaffung neuer Umschlagmöglichkeiten für die 
Schiffahrt im Wiener Gemeindegebiete sowie die 
Verbesserung des Hochwasserschutzes Wiens 
deabsichtigen. Schon vor dem Kriege hatte sich die 
Baudirektion der Donau-Regulierungs-Kommission 
nit dem Gedanken der Vergrößerung der Umschlag- 
Nnöglichkeiten und der Verbesserung des Hochwasser- 
Schutzes in Wien beschäftigt und hatte mehrere Pro- 
jekte verfaßt, bezüglich derer nach Kriegsende bereits 
Fühlung mit den Interessenten genommen wurde. 
Unter Berücksichtigung der von den Interessenten 
gegebenen Anregungen entstanden zwei neue Projekte, 
welche — speziell das Projekt IV — dem österreichi- 
schen Ingenieur- und Architekten-Vereine zur Begut- 
achtung vorgelegt und mit einem von diesem Vereine 
zu diesem Zwecke eigens bestellten Fachausschusse 
zründlich durchberaten wurden. Beide Projekte sehen 
eine Verbreiterung des Stromprofiles auf Kosten des 
Inundationsgebietes und die Errichtung eines Seiten- 
Kanales am linken Ufer vor, welcher als Schiffahrtskanal 
und als Hafen, ferner zur Abfuhr von Hochwasser 
jowie als Werkskanal für die Ausnützung der Wasser- 
kraft dienen soll. Außerdem ist eine Verlängerung 
des Donaukanales nach stromaufwärts zur Verbesserung 
der Einfahrtsverhältnisse bei Nußdorf, ferner eine 
Verlängerung nach stromabwärts zu dem Zwecke ge- 
blant, um die am Donaukanale gelegenen städtischen 
Gas- und Flektrizitätswerke vor dem Rückstau des 
Hochwassers aus dem Strome zu schützen. Da die 
Durchführung der von der Donau-Regulierungs- 
Kommission verfaßten Projekte ihrem vollen Umfange 
lach ganz bedeutende Geldmittel erfordert hätte, 
Wurden Vorschläge für eine etappenweise Durch- 
Ührung der geplanten Maßnahmen erstattet und der 
Versuch unternommen, durch eine verstärkte Zulei- 
ung aus der Donau und einen dadurch erhöhten 
Wasserkraftgewinn die Ausführung der Anlage ren- 
bel zu gestalten. Es mußten aber vorher Studien 
zur Klärung der Frage angestellt werden, welche 
Wassermenge dem Strome für Zwecke der Wasser- 
Sraft entzogen werden kann, ohne den Geschiebetrieb 
md die Schiffahrt empfindlich zu schädigen. Diese 
udien wurden, unter Zugrundelegung der Ergebnisse 
der neuesten Forschung auf dem Gebiete der Ge- 
schiebebewegung, durchgeführt und lieferten das 
Argebnis, daß bei entsprechender Ausgestaltung des 
Strombettes eine Höchstwassermenge von 400 Kubik- 
neter in der Sekunde dem Strome entnommen wer- 
len kann, ohne eine Verschlechterung seines Regimes 
zu bewirken. Dieses Resultat ist mit Rücksicht darauf, 
laß die Grundlagen der Schotterbewegung im Flusse 
ıoch nicht genügend geklärt sind, kein unbedingt 
eststehendes und wird erst durch die Erfahrungen 
Jer Praxis erhärtet werden müssen. 
Da die Verwirklichung der Projekte der Donau- 
Regulierungs-Kommission mangels an Mitteln gegen- 
värtig auf Schwierigkeiten stößt, würden Unter- 
‚suchungen angestellt, wie der Bedarf an Hafenflächen 
n Wien durch intensivere Ausnützung der vorhandenen 
fer befriedigt werden könnte. Die Beseitigung der 
schiffsmühlenkolonie in der Krieau, die landseitige 
Verschiebung der Donauuferbahn, der Ersatz des 
Jonauuferbahnhofes und des Kaibahnhofes durch 
inen neuen, unterhalb der Ostbahnbrücke anzulegen- 
len Verschiebebahnhof, die Ausgestaltung und Ver- 
wrößerung des Freudenauer Hatens würden ohne 
ıllzugroße geldliche Opfer zu erzielen sein und 
wenigstens auf Jahre hinaus dem Bedürfnisse nach 
Jafenanlagen genügen. Die Strombauverwaltung hat 
‚ierüber Studien angestellt und überdies Projekte für 
lie Errichtung eines Handelshafens bei Albern, eines 
Jandels- und Industriehafens in Simmering und eines 
sroßen Industriehafens in der Freudenau ausgearbeitet. 
?ür die Errichtung eines Freihafens, auf dessem 
"erritorium industrielle Anlagen zu erstellen, die ein- 
angenden Rohstoffe zu veredeln und ohne Behinderung 
lurch Zollmanipulationen zu exportieren wären, 
vurden Vorschläge erstattet und Verhandlungen mit 
nteressenten eingeleitet. Für die Vervollständigung 
ler Kanalisierung des Donaukanales ist ein Projekt 
ür die Errichtung eines Stauwehres in Simmering 
‚usgearbeitet worden. Der Grundgedanke hiebei war, 
lie beim Wehr sich einstellende Gefällsstufe zur Er- 
ichtung einer Kraftanlage auszunützen, um die Bau- 
‚usführung rentabel zu machen. Die bisher darüber 
ıbgeführten Verhandlungen haben noch zu keinem 
“rfolge geführt. 
Zu erwähnen wäre noch, daß auch von privater 
seite eine Anzahl von Projekten verfaßt wurde, die 
lie Schaffung von Kraftanlagen nicht nur in 
ler Wiener Strecke betreffen, sondern solche 
\nlagen auch außerhalb Wiens planen. Sie wurden 
zwar von der Strombauverwaltung im Einvernehmen 
nit den maßgebenden Faktoren bereits einer ein- 
zehenden Prüfung unterzogen, doch sind die bezüg- 
ichen Projekte teils noch nicht spruchreif, teils sind 
die Untersuchungen noch nicht abgeschlossen. 
Schließlich ist noch zu bemerken, daß in die Nach- 
xriegszeit auch die Fertigstellung der von der ehe- 
naligen Donauregulierungskommission ausgeführten 
loridsdorfer Brücke fällt, die das größte und schönste 
$auwerk seiner Art in Oesterreich darstellt. Darüber 
vird eingehend an anderer Stelle berichtet.
	        
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