(soziale Verwaltung), Alois Haueis (Land- und Forst:
wirtschaft), Dr. Alfred Grünberger (Volksernährung).
Dr. Egon Glanz schied am 7. April IQ21 aus der
Bundesregierung aus; an seine Stelle traten, nach-
dem für kurze Zeit der Vizekanzler mit der Leitung
des Innen- und Heeresministeriums betraut worden
war, Dr. Rudolf Ramek als Bundesminister für
Inneres und Unterricht und Karl V augoin als
Bundesminister für Heereswesen.
Am 9. Dezember 1920 wurde zum ersten Bundes-
Präsidenten der Republik der Nationalökonom und
Gutsbesitzer Dr. Michael Hainisch gewählt, vor
ihm hatte Karl Seitz als erster Präsident der
Nationalversammlung die Würde des Staatsober-
hauptes bekleidet.
Die zunehmende wirtschaftliche Not Oesterreichs,
das fortgesetzte Sinken des Wertes der Krone gab
dem Gedanken Nahrung, daß Oesterreich als
selbständiger Staat überhaupt lebensunfähig sei und
nur durch den sofortigen Anschluß an ein größeres
Wirtschaftsgebiet, das Deutsche Reich, gerettet
werden könne. Da der Friedensvertrag eine Auf-
hebung der Selbständigkeit Oesterreichs mit Zu-
stimmung des Völkerbundrates für zulässig erklärt,
wollte der Nationalrat durch eine allgemeine
Volksabstimmung über den Anschluß an
Deutschland die Aufmerksamkeit des Auslandes
auf den Willen des österreichischen Volkes lenken.
Da jedoch die alliierten Mächte eine absolut an-
Schlußfeindliche Haltung einnahmen, konnte sich die
Regierung nicht entschließen, dem Willen der
Volksvertretung zu entsprechen. Sie konnte es
freilich nicht verhindern, daß das Land Tirol im
eigenen Wirkungskreise am 24. April 1921 eine
Anschlußabstimmung veranstaltete, bei der 144.000
Personen für, 1800 gegen den Anschluß an
Deutschland stimmten. Auch im Lande Salzburg
Wurde am 20. Mai — über Einschreiten der Bundes-
regierung allerdings nicht als offizielle Veranstaltung
der Landesregierung — eine Volksabstimmung durch-
geführt, die 103.000 Stimmen für und 800 gegen
den Anschluß ergab. Kurz darauf beschloß trotz
der Warnungen der Bundesregierung der steirische
Landtag für den 3. Juli eine amtliche Anschluß-
abstimmung und auch die Großdeutsche Volkspartei
nahm in einer Erklärung indirekt gegen die Haltung
der Regierung Stellung. Dadurch war die Position
des Kabinetts erschüttert und es überreichte am
L Juni seine Demission.
Über Anregung der Großdeutschen wurde dann
ein zum überwiegenden Teil aus Beamten be-
stehendes Ministerium gebildet, das sich zum Pro-
8ramm setzte, mit Unterstützung der es wählenden
Parteien — wieder Christlichsoziale und Groß-
deutsche — die vom Finanzkomitee des Völker-
bundes in Aussicht gestellte Sanierungsaktion durch-
zuführen: die Parteien gewährleisteten dagegen das
Unterbleiben weiterer Anschlußabstimmungen. Die
Zusammensetzung des Ministeriums war folgende:
Johann Schober (Bundeskanzler und mit der
Leitung des Außenministeriums betraut), Walter
Breisky (Vizekanzler), Dr. Leopold Waber (Inneres
und Unterricht), Dr. Rudolf Paltauf (Justiz), Doktor
Ferdinand Grimm (Finanzen), Alexander Angerer
‚Handel und Gewerbe, Industrie und Bauten), Doktor
Walter Rodler (Verkehrswesen), Dr. Franz Pauer
“Soziale Verwaltung), Dr. Leopold Hennet (Land-
und Forstwirtschaft), Josef Wächter (Heereswesen),
Dr. Alfred Grünberger (Volksernährung).
Die schwierigste Aufgabe, welche die österreichi-
sche Regierung im Laufe des Jahres 1921 zu lösen
hatte, war die Angliederung des durch die Friedens-
verträge Oesterreich zugeteilten westungarischen Ge-
bietes, die an anderer Stelle ausführlich besprochen
wird; sie erfolgte schließlich ohne Oedenburg.
Die Gewährung der Kredite wollte, trotzdem der
Yberste Rat am 13. August 1921 in einem Beschlusse
lie dringende Notwendigkeit der Hilfe für Oester-
‚eich anerkannt: hatte, keine greifbaren Formen an-
aehmen. Finanzminister Dr. Grimm trat am 7. Ok-
ober‘ 1921 zurück und Abgeordneter Dr. Alfred
Gürtler übernahm das Finanzportefeuille; der Bank-
fachman Dr, Rosenberg sollte ihm zur Seite stehen.
Gleichzeitig wurde Dr. Alfred Grünberger zum
Minister für Handel und Gewerbe, Industrie und
Bauten bestellt, behielt jedoch auch die Leitung des
Ministeriums für Volksernährung bei; an Stelle des
Abgeordneten Vaugoin wurde Oberst Josef Wächter
Heeresminister. Weitere Veränderungen im Kabinett
Schober ergaben sich infolge des inzwischen mit der
Tschechoslovakei neben einem Wirtschaftsüberein-
commen abgeschlossenen politischen Freundschafts-
‚ertrages, der auf den Widerspruch der Großdeut-
schen stieß, die am 16. Jänner 1022 ihren Ver-
treter in der Regierung, den Innenminister Dr. Leopold
Waber, abberiefen. Der Bundeskanzler übernahm
vorläufig die F ortführung-der Geschäfte des Innen-
ministeriums. Nach der Abstimmung über den Ver-
irag von Prag im Nationalrat am 26. Jänner — er
wurde mit 104 gegen 23 Stimmen genehmigt — demis-
zionierte das gesamte Ministerium, wurde aber am
Tage darauf wieder gewählt. Die Großdeutschen
stellten allerdings keinen Minister mehr, die Leitung
des Innenministeriums blieb in den Händen des
Bundeskanzlers; dafür wurde an Stelle des Bundes-
kanzlers der Landwirtschaftsminister Dr. Leopold
Hennet mit der Leitung des Außenministe-
riums betraut.
Finanzminister Dr. Gürtler bemühte sich in-
zwischen, durch eine Reihe von Steuergesetzen, die
er im Nationalrat durchbrachte, Grundlagen für die
Neuordnung der Finanzen zu erstellen. In der
gleichen Richtung bewegte sich eine Verordnung,
Jurch die die Zölle vom siebenhundertfachen auf