Landeshauptmann Anton Schreiner
Doch die Anforderungen stiegen von Jahr zu Jahr,
dringende Bedürfnisse mußten immer wieder zurück-
zestellt werden und so entschloß sich Regierung und
Landtag im Sommer des Jahres 1928, bei der Zentral-
;parkasse der Gemeinde Wien eine Anleihe
aufzunehmen, <clie es nunmehr ermöglichen wird, ohne
Zerreißung des Landesbudgets nicht mehr aufschiebbare
Hoch- und Straßenbauten und Meliorationen
lurchzuführen.
Wenn nun im folgenden eine kurze Uebersicht über
die geleistete positive Aufbauarbeit im Lande gegeben
werden soll, so muß vorwegs gesagt werden, daß sie
auf Vollständigkeit keinen Anspruch erhebt. Dabei wird
ur das berücksichtigt werden können, was aus öffent-
‚ichen Mitteln des Bundes, des Landes und der Gemeinden
geschaffen wurde. Es möge daraus auch ersehen werden,
laß der Bund, aus seiner anfänglichen Zurückhaltung
heraustretend, sich nunmehr seiner dem neuen Lande
gegenüber hestchenden Verpflichtung voll bewußt
geworden ist und sein redliches Teil zum Aufbau bei--
trägt. Auf dem Gebiete des Lisenbahnbauwesens
st zu erwähnen, daß die erste in der Republik Oester-
‘eich gebaute Eisenbahn im Burgenland gebaut wurde.
Siehe Kapitel Eisenbahnbauten.) Außer dieser neuen
Linie haben einige Projekte Aussicht auf Verwirklichung.
Zu erwähnen wäre vielleicht auch das Projekt einer
»lektrischen Hängebahn mit Luftschraubenantrieb
von Wien- Hauptzollamt über Eisenstadt und Rust
zu einem Punkt östlich des Neusiedler Sees. Bei einer
Höchstgeschwindigkeit von 240 km pro Stunde soll die
"ahrt von Wien nach St. Andrä östlich des Neusiedler
Sees in etwa 32 Minuten zurückgelegt werden.
Fineh bedeutenden Aufschwung haben in den letzten
Jahren die Gemeinden um den Neusiedlersee als
Sommerfrischen und Badeorte genommen. Hier
mag eine sehr rührig hbetriebene Fremdenverkehrs-
propaganda der Entwicklung manchmal etwas voraus-
geeilt sein, sicher ist, daß in nicht allzulanger Zeit der
Neusiedler See nicht nur als beliebtes Ziel von Bade-
ausflüglern, sondern auch von Erholung und Heilung
Suchenden einen hervorragenden Platz einnehmen und
nehaupten wird. In Neusiedl hat private und Gemeinde-
initiative bereits so manches geleistet, um aus dem ab-
soluten Nichts Einrichtungen zu schaffen, die auch ein
verwöhnteres Publikum befriedigen können. In diesem
Sommer wurde auch eine von der Gemeinde erbaute
schmalspurige, dem öffentlichen Personenverkehr dienende,
mit Benzinlokomotiven betriebene Eisenbahu von der
Station Bad Neusiedl zu der etwa 20 Minuten entfernten
im See gelegenen Badeanstalt in Betrieb gesetzt. Der
durch seinen Sandstrand ausgezeichnete Ort Podersdorf
am Ostufer des Sees verspricht cbenfalls eine schöne
Entwicklung und auch die durch ihren Weinbau bekannte
5tadt Rust hat sich durch Errichtung einer Badeanstalt
im See in die Reihe der Badeorte gestellt. Die nunmehr
endlich aufgenommene regelmäßige Verbindung zwischen
Rust, Neusiedl und Podersdorf auf dem Secwege hat
noch vielfach unter den abnormen Wasserverhältnissen
zu leiden.
Für Verkehrsverbindungen innerhalb des Landes sorgen
neben den Fisenbahnen oder im Anschluß an sie eine
große Anzahl von staatlichen-, Gemeinde- und
Privatautolinien.
Der viel weiter verzweigten und durchgebildeteren
österreichischen Verwaltung konnten die vorgefundenen
ungarischen Amtshäuser natürlich nicht. genügen. Vor
allem mußte für das Amt der Landesregierung
3in entsprechendes Gebäude errichtet werden, das durch
lie Bundesregierung in Eisenstadt, der designierten
„andeshauptstadt, aufgeführt wird und bereits der Voll-
endung entgegen geht. Nach Plänen des Architekten
Zerthen erbaut, dürfte der Monumentalbau im Laufe
les Jahres 1929 vollendet sein; der Kostenaufwand
»eträgt 3,200.000 Schilling.
Außerdem hat der Bund in Güssing und Jennersdorf
\mtsgebäude sowie Beamtenwohnhäuser in Oberwart
zrrichtet. Durch diese Bauten und durch Schaffung von
42 Beamtenwohnungen auf genossenschafllicher Grund-
age in Neusiedl, Oberpullendorf und Oberwart wurde
der Wohnungsnot der Beamten keineswegs vollständig
ıbgeholfen. Namentlich nicht in Eisenstadt, wo Land und
Stadt derzeit Beamtenwohnungsbauten aufführen. Das
weitere Wohnbauprogramm des Landes und Bundes für
Landeshauptmann-Stellvertreter Ludwig Leser
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