Full text: 10 Jahre Wiederaufbau

Pisenstadt umfaßt noch 13 Gebäude mit zusammen 180 
Wohnungen mit einem Gesamtkostenaufwand von 
5 3,800.000'—, wovon S 2,200.000‘- auf das Land und 
S 1,600.000°— auf den Bund cntfallen. Von diesen 
Häusern sind drei bereits in Ausführung begriffen, die 
übrigen sollen im Laufe des Jahres 1929 in Angriff 
zenommen und fertiggestellt werden. Bedeutenden 
Aufwand verursachten auch die infolge der lang- 
zestredten Grenze notwendigen 17 Zollhausbauten und 
andlich der Neubau (Oberpullendorf) und die Adap- 
tierung (Güssing, Kittsee und Oberwart) von Spitälern. 
Dem schr dringenden Bedarf nach einer Landesirren- 
anstalt konnte trotz äußerster Anspannung der Kräfte 
»isher noch nicht nachgekommen werden. Dagegen wird 
binnen kurzem dem Mangel einer Anstalt zur Unter- 
5ringung von alten und siechen Armen, die bisher den 
anstaltsbedürftigen Kranken den Platz in den Spitälern 
entzogen, abgeholfen sein. In Neudörfl a. d. Leitha ist 
ein Heim mit cinem Fassungsraum für 150 Personen 
bereits im Bau und wird im Jahre 1929 vollendet sein. 
Von ausschlaggebender Wichtigkeit für die Entwicklung 
des Landes sind die Fortschritte auf dem Gebiete der 
Straßenherstellung und -erhaltung. Das burgen- 
ländische Straßennetz umfaßt nach dem Stande vom 
:. Jänner 1928 181 km Bundesstraßen, 424 km Landes- 
straßen und 399 km Bezirksstraßen, von denen noch 
etwa 72 km unausgebaut sind. Zur Zeit der Uebernahme 
des Burgenlandes durch Oesterreich befanden sich die 
Straßen im Lande mit Ausnahme weniger ‘ehemals 
angarischer Staatsstraßenstrecken in einem fast unbenütz- 
baren Zustande, desgleichen die Brücken und sonstigen 
Straßenobjekte. Dazu kam, daß durch den Wegfall 
Dedenburgs. auch die konzentrisch nach Oedenburg ein- 
mündenden Straßenzüge zerschnitten waren und das 
Land in zwei Teile zerfiel, die nur durch einen schmalen 
Landstreifen, über den keine fahrbare Kommunikation 
führte, miteinander verbunden waren. Es war daher die 
erste Aktion im Zuge der projektierten nord-südlichen 
Hauptverkehrsverbindung der Ausbau einer neuen, 
von Marz über Sieggraben nach Weppersdori 
führenden Verbindungsstraße (10 km), die noch im 
Laufe dieses Jahres vollständig fertiggestellt sein wird. 
Da sie auch durch landschaftlich schöne Gebiete führt, 
wird sie voraussichtlich auch zum Anziehungsobjekt für 
den Touristenverkehr werden. Gleich ungünstige Ver- 
‚ältnisse wie bei Oedenburg wurden auch in den übrigen 
Feilen des Landes geschaffen. Dazu kam, daß der 
Verkehr, der früher in den ostwärts gelegenen Teilen 
des Landes sich in West-Ostrichtung bewegt hatte, nun- 
mehr eher eine nord-südliche Richtung annahm. Aus all 
dem geht hervor, daß das burgenländische Straßennetz 
erst neu konstruiert werden mußte, um den ge- 
änderten Verhältnissen entsprechen zu können. In den 
abgelaufenen Jahren wurden durchschnittlich 22 bis 25 km 
Straßen neu gebaut. Der Aufwand, den das Land z. B. 
m Jahre 1927 allein für Neubauten ins Budget einstellte. 
‚etrug S 800.000’—. 
Besondere Wichtigkeit kommt im Burgenlande als 
einem ausgesprochenen Agrarlande, der Förderung 
der Landwirtschaft durch Beseitigung der Ueber- 
schwemmungen und Durchführung von Meliorationen, 
insbesondere Entwässerungen, zu. Nach einer 
Fisiacht auf dem Neusiedlersee 
angestellten Berechnung sind von der Gesamt-Kultur- 
Jäche des Burgenlandes ohne Wald im Ausmaße von rund 
154,000 ha noch zirka 24 % entwässerungsbedürtftig. 4 
In den ersten Jahren nach dem Anschlusse des Burgen- 
andes an Oesterreich, als sich Bund und Land infolge 
les Währungsverfalles in schwerer finanzieller Lage he- 
'anden, konnten für diese Arbeiten nur selbstverständlich 
seringe Mittel zur Verfügung gestellt werden. Immerhin 
var es aber möglich, bis Ende des Jahres 19027 rund 
13 km Bachläufe zu regulieren und rund 3000 ha Boden 
zu entwässern. Auch im Jahre 1928 befanden sich rund 
}3 km Regulierungen in Durchführung. Die Kosten der 
{urchgeführten Arbeiten, welche bis Ende 1927 rund 
Million Schilling betragen haben, wurden durch Bei- 
räge aus Bundes- und Landesmitteln und durch Beiträge 
ler unmittelbar beteiligten Gemeinden oder der zu 
Wassergenossenschaften vereinigten Interessenten auf- 
zebracht. Der Aufwand im Jahre 1028 hat rund S800.000.- 
»etragen. 
In den Jahren 1922-1024 vollzog sich auch die Aus- 
lehnung der österreichischen Sozialgesetzgebung 
ıuf das Burgenland. Angesichts der besonderen Ver- 
‚ältnisse, die aber im Burgenland herrschten, konnte 
Jie Angleichung der österreichischen Arbeitergesetze, 
lie vielfach einer schon vorgeschrittenen sozialpolitischen 
?ntwicklung angepaßt waren, nicht mit einem Schlage 
ırfolgen. Man mußte vielmehr auf die Lage der burgen- 
ändischen Industrie und Landwirtschaft Rücksicht nehmen 
and ging daher schrittweise vor, indem man bestimmte 
Gruppen von Arbeiterschutzgesetzen nach und nach 
auf das Burgenland ausdehnte. Im Jahre 10922 wurde 
auch die Arbeitslosenversicherung auf das Burgenland 
arstreckt und Arbeitsvermittlungsämter errichtet.
	        
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