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ALLGEMEINE EINLEITUNG
Dem Beispiel Deutschlands folgen, zuerst von Industriestaaten
Jas alte Österreich und das alte Ungarn (1888, bzw. 1891). Beide
arrichten ein Krankenpflichtversicherungssystem, das die Lohn-
bezieher in Industrie, Verkehr und Handel erfasst. Rascher
schreitet die Entwicklung zu Beginn des 20. Jahrhunderts weiter.
Luxemburg führt 1901, Norwegen 1909, Serbien 1910, Gross-
britannien 1911, Russland und Rumänien 1912 die Kranken-
oflichtversicherung ein.
Während des Krieges kam die Bewegung ins Stocken, trat aber
seit dem Friedensschluss wieder in Erscheinung. Die europäischen
Staaten, welche auf Grund des Friedensschlusses neu gebildet
wurden, sind bestrebt, die Versicherungssysteme, deren Erbe sie
antraten, möglichst auszubauen. So erstreckt die Tschecho-
slowakei 1919, Polen 1920, Österreich 1921, das Königreich der
Serben, Kroaten und Slowenen 192% die Pflichtversicherung auf
alle Lohnbezieher. Bulgarien, das 1918 die Versicherungspflicht
eingeführt hatte, dehnte sie 1924 auf alle Gruppen von Arbeitern aus.
Portugal geht 1919, Griechenland 1922 zur Einführung der Kranken-
versicherungspflicht über. Sowjetrussland schafft das 1918 ein-
seführte Versorgungssystem ab und führt die Sozialversicherungs-
pflicht ein, welche es 1922 anlässlich des Übergangs zur neuen
Wirtschaftspolitik in das Arbeitsgesetzbuch aufnimmt. Litauen
erliess 1925 ein Krankenversicherungsgesetz, das indes noch nicht
durchgeführt ist. Frankreich endlich steht nach vierjährigen
Erhebungen, Erwägungen und Beratungen unmittelbar vor der
Einführung einer umfassenden Pflichtversicherung gegen Krank-
neit, Invalidität, Alter und Todesfall.
Die aussereuropäischen Staaten, die sich erst später industriali-
siert haben, verhielten sich zum Gedanken der Versicherungspflicht
lange Zeit abwartend. Sie beginnen jedoch die Wirksamkeit und
die Notwendigkeit der Versicherungspflicht zu erkennen. So haben
Japan und Chile (1922, bzw. 1924) Pflichtversicherungssysteme
eingeführt. In Australien und Südafrika lassen die Regierungen
durch besondere Kommissionen die die Pflichtversicherung betref-
fenden. Gesetzentwürfe prüfen, und Brasilien bereitet ein Arbeitsge-
setzbuch vor, welches die Krankenpflichtversicherung bringen soll.
Nach mehr als 40 Jahren, in denen Erfahrungen gesammelt,
anablässlich Verbesserungen vorgenommen und bedeutende Erfolge
arrungen. wurden, scheint der Gedanke der Versicherungspflicht
in der ganzen Welt zum Durchbruch zu kommen, und so dürfte die
Krankenpflichtversicherung für den gesetzlichen Arbeiterschutz in
allen Ländern eine hervorragende Bedeutung gewinnen.