Full text: Die obligatorische Krankenversicherung

ALLGEMEINE EINLEITUNG 
Aber es ist nicht möglich, den Teil der Verantwortung in jedem 
Einzelfalle zu bestimmen. Andererseits gibt es auch Krankheits- 
fälle zufälliger Art, für die niemand verantwortlich zu machen ist. 
Juristisch lässt sich also im Einzelfalle eine Verantwortlichkeit 
nicht begründen. Man stützt sich deshalb auf das Interesse, 
welches der Versicherte, der Arbeitgeber oder der Staat an der 
Versicherung hat. Das Interesse des Versicherten, der ja Nutz- 
niesser der Leistungen ist, liegt auf der Hand. Auch das Interesse 
des Arbeitgebers, der für seinen Betrieb eine gesunde und aus- 
dauernde Arbeiterschaft wünschen muss, ist unbestreitbar. Das 
gleiche gilt von dem Staatsinteresse, denn. die Fürsorge für die 
Volksgesundheit liegt dem Staat ob. In welchem Masse die er- 
wähnten Interessen gegeneinander abzuwägen sind, ist allerdings 
schwer zu bestimmen. 
Tatsächlich werden die zum Betrieb der Versicherung notwen- 
digen Beträge vom Versicherten, vom Arbeitgeber und vom Staat 
angefordert. 
Die Beitragsleistung des Arbeiters ist überall vorgesehen ausser 
in Sowjetrussland. Die Erörterungen über Staatsbürgerversorgung 
und über Versicherung sind nahezu vollständig verstummt, wenig- 
stens soweit die Krankenversicherung in Betracht kommt. In den 
Augen der Arbeiter und der Öffentlichkeit unterscheidet sich die 
Versicherung von der Versorgung durch die Beitragsentrichtung, 
Diese erst macht die Leistungen zum Gegenstand eines Rechts- 
anspruches, ebenso wie sie die Teilnahme der Versicherten an der 
Verwaltung der Versicherungsträger begründet. 
Die Beitragsleistung des Arbeitgebers ist ebenfalls in allen Ländern 
vorgesehen. Eine Ausnahme bilden nur Rumänien (wo ihre Fin- 
führung bevorsteht) und die fünf Schweizer Kantone mit Pflicht- 
versicherung : Appenzell (Ausser-Rhoden), Appenzell (Inner- 
Rhoden), Basel-Stadt, St. Gallen und Thurgau. Dort sind bekannt- 
lich auch Nichtlohnbezieher der Versicherungspflicht unterstellt. 
Die Kostenbeteiligung des Staates kommt nicht so oft vor wie 
die der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer. Ihre Begründung ist 
zur Zeit noch strittig, und es gibt zahlreiche Theoretiker der Sozial- 
versicherung, welche der Ansicht sind, dass Unterhaltung und 
Amortisierung der menschlichen Arbeitskraft der Produktion zur 
Last fallen. Sie betrachten die Versicherungsbeiträge als einen 
Lohnteil, der vom Versicherungsträger aufgespeichert, einer 
gemeinsamen Verwaltung unterworfen und nicht an sämtliche 
Beitragszahler entrichtet wird, sondern nur an jene, welche im 
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