gewiesen, daß sie unrichtig ist. Freilich lebt die Masse der Arbeiter—
schaft in bescheidenen Verhältnissen, das ist aber bei den Bauern und
den meisten Haudwerkern ebenso oder noch viel mehr der Fall. Aber
die Möglichkeit des Aufstiegs und der Kapitalbildung ist bei ihm:
durchaus gegeben; natürlich nur für den Tüchtigen und Sparsamen.
Hunderttausend Beispiele dafür kann man finden, wenn man in die
Nähe der Großstadt und der Industriezentren geht, wo man überall
taufende von eigenen Häuschen und Gärtchen findet, die Arbeitern
gehören. In jeder Fabrik kann Horneffer feststellen, wie tüchtige Ar—
beiter vorankommen, wie sie Vorarbeiter, Aufseher, Werkführer
werden. Auch die Mlilliardeneinlaget in den Sparkassen, den
Banken der kleinen Sparer, zeigen, daß zahlreiche Arbeiterfamilien
über einen kleinen Kapitalbesitz verfügen.
Natürlich kann man eine Wirtschaftspyramide ebenso wenig
auf den Kopf stellen, wie irgend eine andere Pyramide. Die weniger
gut Situierten werden immer in der Mehrzahl bleiben. Die Auf—
steigenden werden immer in der Minderzahl sein. Aber der Schwer—
punkt liegt doch darin, daß die Aufstiegmöglichkeit überhaupt geboten
ist. Und das wird niemand leugnen können.
Noch merkwürdiger ist der Vergleich mit der früheren Lage des
Arbeiters, die viel mehr gesichert gewesen sein soll, wie jetzt. Horneffer
spricht sogar von einer sorgenlosen Zukuuft, die jeder Einzelne besessen habe.
Demgegenüber ist darauf hinzuweisen, daß die Gefahr der Ar—⸗
beitslosigkeit, die allerdings z. Z. außerordentlich groß ist, vor dem
Krieg ständig abnahm, daß die Arbeiter dank diesem Umstand und
dank der Sozialversicherung, die Horneffer so sehr verwirft, ein viel
größeres Meaß von Sicherheit und namentlich ein viel gröäßeres Maß
von Freiheit hatten als je zuvor.
Sehr bedenklich erscheint mir ferner die Behauptung, daß von
dem Besitz die Sittlichkeit abhänge, daß der Mensch also ohne ein,
wenn auch noch so kleines, Kapital nicht tugendhaft sein könne. Eine
so pessimistische Auffassung von der Natur des einzelnen Menschen
möchte ich mir nicht zu eigen machen und zahlreiche Beispiele vor—
bildlichen Lebens bei besitzlosen Volksgenossen sprechen auch gegen
diese MNeeinung.
Aber nun zu den wirtschaftlichen Anschauungen. Horneffer hält
deshalb die Aufrechterhaltung der bisherigen Privatwirtschaft nicht
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