Full text: Grundfragen der Wirtschaft

des Volkes zu mehren, zu stärken und durch dasselbe zu verbreiten 
nach allen Seiten und wie nach unten, so auch, und vorzugsweise, 
nach oben, damit es nicht zurückbleibt hinter den anderen Völkern, 
sondern wenigstens hierin vorauf stehe, damit der Geist nicht ver— 
kümmere, sondern frisch und heiter bleibe, damit es nicht verzage, 
nicht kleinmütig werde, sondern fähig bleibe zu jeglicher großen 
Tat, wenn der Tag des Ruhmes anbricht.“ 
So der „Weltbürger“ Goethe. 
Der Tag des Ruhmes, von dem Goethe prophetisch sprach, ist 
ein halbes Jahrhundert später angebrochen in ungeahntem Glanz 
unter Führung eines Mannes, der der größte Staatsmann seines 
Jahrhunderts war und der nicht nur das nationale GSehnen des 
dentschen Volkes stillte, sondern auch die Grundlagen zu einer gewal⸗ 
tigen wirtschaftlichen Eutwicklung schuf, auf der sich ein reiches kul— 
turelles Leben aufbaute. 
Aber das deutsche Volk hat die Lehren der Geschichte nicht genutzt, 
und der Parteihader hat selbst das Leben seines größten und erfolg— 
reichsten Staatsmannes verbittert. Klagte doch Bismarck schon im 
Jahre 1885: 
„Der Parteihader überwuchert uns und der Parteigeist, wenn 
der mit seiner Lokistimme den Urwähler Hödur, der die Tragweite 
der Dinge nicht beurteilen kann, verleitet, daß er das eigne Vater⸗ 
land erschlage, der ist es, den ich anklage vor Gott und der Geschichte, 
wenn das ganze herrliche Werk unserer Nation von 1866 und 
1870 wieder in Verfall gerät.“ 
Und heute, nachdem dieses Wort in so erschütternder Weise fast 
zur Wirklichkeit geworden ist, nachdem das deutsche Volk nieder⸗ 
gebrochen ist, nachdem es sich seiner festesten Stützen beraubt hat, 
nachdem es seine Geschicke selbst in die Hand genommen hat, ist der 
Parteihader schlimmer als je. Aus ihm müssen wir den Weg suchen, 
indem wir vor allem zu erkennen streben unsere Fähigkeiten und un— 
sere Mängel, unsere Daseinsbedingungen und die Notwendigkeiten 
unseres Handelus. 
Weil wir politisch unbegabt sind, auch in der inneren Regierung 
— das beweist schon das Nichtzustandekommen einer geschlossenen 
regierungsfähigen Mehrheit —, deshalb brauchen wir eine Verfas⸗ 
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