Full text: Grundfragen der Wirtschaft

denn Wert der Ausfuhr den Wert der Einfuhr nicht decken kounten. 
Wir hatten also eine passive Handelsbilanz, d. h. der Waren⸗ 
einfuhrwert übertraf den Wert unserer Warenausfuhr. Dagegen 
war unsere Zahlungsbilanz, worunter man den Ausgleich 
des gesamten Zahlungsoerkehrs mit dem Ausland einschließlich des 
Warenhandels versteht, aktiv. Dies kam daher, daß wir im Auslande 
über starke Kapitalanlagen in Gestalt von Beteiligungen au gewerb— 
lichen Unternehmungen, an Anleihen usw. verfügten, die uns Bar⸗ 
mittel zuführten. Ferner erzielten wir durch unsere Schiffahrt und 
unsere Versicherungsgesellschaften erhebliche Einnahmen aus dem 
Ausland, die uns in Form von Frachten und Versicherungsprämien 
zuflossen. Hierdurch waren wir nicht nur in der Lage, den Mehr⸗ 
bedarf an ausländischen Waren gegenüber der Ausfuhr von Waren 
zu bezahlen, sondern wir konnten auch jährlich Gold zur Stärkung 
unserer Währung in mehr als genügender Meenge kaufen. 
Durch den Kriegsausgang ist in diesen Verhältnissen eine sehr 
starke Verschiebung eingetreten. 
Zunächst ist uns der ganze Kolonialbesitz und der größte Teil der 
Handelsflotte geraubt worden. Feruer haben wir wichtige, zumeist 
völlig deutsche Gebiete unseres Vaterlandes verloren. Nach den An—⸗ 
gaben der Reichsstatistik haben wir eingebüßt: 13 8 an Bodeunfläche 
(ungerechnet die Kolonien) mit 1o0 5 der Gesamtbesölkerung. Die 
13 Bverlorene Bodenfläche enthielten 15 8 der gesamten Getreide⸗ 
anbaufläche und 16,7 5 der gesamten Anbaufläche für Hackfrüchte, 
im ganzen enthielten sie 14,2 5 des gesamten landwirtschaftlich be⸗ 
nutzten Bodens, alles nach der Produktionsstatistik für 1913. Ferner 
umfaßten sie 20 8 unserer Steinkohlenproduktion, 75 8 unserer 
Förderung au Eisenerzen, 26 5 unserer Roheisenproduktion, 68 * 
unserer Zinkgewinnung und 26 5 unserer Bleierzeugung. Das 
Saargebiet, das ja nur zeitweise von Deutschland abgetreunt ist, ist 
hierbei nicht berücksichtigt. Aus diesen Zahlen geht hervor, daß unser 
Verlust an Nahrungs- und Rohstoffquellen weit größer ist als unser 
Bevölkerungsverlust, so daß die Folge der Bodenverluste eine starke 
Verringerung des Nahrungsmittelspielraums auf den Kopf der Be— 
oölkerung bedeutet. Die Wirkung dieser Tatsache auf unseren Außen 
handel äußert sich in einer noch ungünstigeren Gestaltung unserer 
Handelsbilanz und in einer nunmehr auch stark passiven Zahlungs— 
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