Full text: Das Arbeitsrecht der Čechoslovakischen Republik

Wegen der bestehenden besonderen Verhältnisse behandelt die 
Gesetzgebung die ohne Zweifel zum Arbeitsrechte gehöreude und in 
demselben eine überragende Rolle spielende Arbeiterverficherung 
selbständig; zumal auch das große Gebiet, welches sich die Arbeiter— 
bersicherung und die aus ihr hervorgegangene Sozialversicherung be⸗ 
reits erobert hat, eine besondere Behandlung dieser Materie empfiehlt. 
Bei dieser Sachlage muß die Behaudlung der Sozialverficherung ab— 
gesondert erfolgen. 
Die Entwicklung des Arbeitsrechtes ging nach den eingetretenen 
taatlichen Veränderungen, nach der Gründung der öcchoslovakischen 
Republik, in cinem echt lebhaften Tempo vor sich. Wesentliche Ver— 
schiebungen in sozialer und politischer Hinsicht, die infolge des Krieges 
und seines Ausgaͤnges eingetreten waren, spielten bei dieser Entpid— 
lung eine bedeutsfame Rolle; die sogenannte alte Gesellschaftsordnung 
var, was ihre politische und wirtschaftliche Position betraf, sehr ge— 
schwächt, den sehr stark gewordenen sozialiftischen Parteien erstand die 
Möglichkeit, innerhalb und außerhalb des Parlamentes mit zähester 
Konsequenz und größiem Schwunge für ihre Forderungen einzu— 
treten, hiebei bildeten sie, sehr zum Nutzen ihrer Forderungen, im 
Begensatz zum Lager der bürgerlichen Parteien, ohne nationale Diffe⸗ 
renzierung eine starke einheitliche Front. Gleich nach dein End— des 
Weltkrieges war es eine der ersten n ernstesten Sorgen des neuen 
Staates in Gesetzgebung und Verwaltung, der Not des Tages zu ge— 
denken; die Lage des Arbeitsmarktes war wegen der Überflutung des 
Arbeitsmarktes durch militärische Heimkehret, wegen der notwendig 
zewordenen Umstellung der Industrie auf die Friedensarbeit, des 
Mangels an Rohstoffen, des Kohlenmangels und der Kohlenteuerung, 
der Valuta- und Kreditschwierigkeiten und anderer Momente eine 
solche, daß das Problem der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit ganz 
m Vordergrunde stand! Als sich die Verhältnisse nach um nach be⸗ 
ruhigten, ging man immer mehr daran, den Arbeitsvertrag aus der 
Enge des Pridatrechts herauszuheben, das Interesse des Staates an 
der Ordnung des Arbeitsverhãltnisses steigerte sich immer mehr und 
bei der unter staatlichem Einfluß vor fich gehenden Neuordnung des 
Arbeitsverhältnisses irat die Bedeutung des Kollektivvertrages an 
Stelle des bis zum Kriege vielfach üblich gewesenen individuellen 
Sinzelarbeitsverlrages zuschende hervor; die Macht der Organisa— 
tionen wuchs und der Einfluß, den ihnen die staatliche Gesetzgebung 
einräumte. Eine Veröffentlichung im deutschen Reichsarbeitsblatt, 
Jahrgang 1922 RN.. 1, sagt von den Gewerkschaftszentralen: „Der 
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