fullscreen: Theoretische Sozialökonomie

$ 38. Das Angebot v. Arbeit als bestimmt d. d. Arbeitsangebot pro Arbeiter. 323 
übrigen Arbeitsbedingungen zu begegnen, die sich nicht lediglich aus 
den Ansprüchen, die an die Arbeit gestellt werden, und der natürlichen 
Knappheit von Arbeitern, die diese Ansprüche erfüllen können, erklären 
lassen. In besonders entwicklungsfähigen Produktionszweigen, wo der 
Bedarf an Arbeitskräften wesentlich schneller gestiegen ist als die 
Arbeiterbevölkerung im ganzen, findet man häufig einen höheren 
Arbeitslohn, als durch die Art der Arbeit selbst gerechtfertigt scheinen 
würde. Anderseits findet man, daß stillstehende Industrien, die viel- 
leicht in Jahrzehnten ihren Markt nicht erweitern konnten, ihren 
Arbeitern Bedingungen unter den normalen bieten. Das Schicksal des 
Arbeiters ist also bis zu einem gewissen Grade mit dem des Produktions- 
zweiges oder des Unternehmens, in dem er beschäftigt ist, verbunden. 
Die Vorstellung, nach welcher die Unternehmer nur auf Kosten der 
Arbeiter prosperieren und die Arbeiter umgekehrt nur auf Kosten der 
Unternehmer vorwärtskommen können, wird durch solche Tatsachen in 
auffallender Weise entkräftet. 
Die Zufuhr von Arbeitern zu den verschiedenen Berufen ist im 
wesentlichen durch die oben genannten äußeren Faktoren bestimmt. 
Der Arbeitslohn selbst hat natürlich für die Heranziehung von Arbeitern 
an einen bestimmten Beruf insofern Bedeutung, als dieser Beruf mit 
anderen um Arbeitskraft derselben Qualität konkurriert. Für das Ge- 
samtangebot von Arbeitern jeder besonderen Qualität hat aber, wie 
schon gezeigt, der für die verschiedenen Qualitäten bezahlte Arbeitslohn 
jedenfalls nicht die Bedeutung eines unmittelbar wirksamen Regulators. 
Die in erster Linie entscheidenden Faktoren liegen hier außerhalb der 
Preisbildung. 
$ 38. Das Angebot von Arbeit als bestimmt durch das 
Arbeitsangebot pro Arbeiter. 
Die Knappheit des Produktionsfaktors Arbeit hängt nicht lediglich 
von der Zahl der Arbeiter ab, sondern auch von der Menge Arbeit, 
welche durchschnittlich von dem einzelnen Arbeiter geleistet wird. Wir 
haben hier diejenigen Faktoren, die dieses individuelle Arbeitsangebot 
regulieren, ins Auge zu fassen. 
Die tatsächliche Arbeitsleistung des einzelnen ist in einem ge- 
gebenen Augenblick meistens viel geringer als sie, wenigstens für eine 
kürzere Zeit, sein könnte. Die Menschen haben gelernt, daß sie auch 
mit ihrer Arbeitskraft wirtschaften müssen. Der höchste individuelle 
und volkswirtschaftliche Effekt wird in der Regel nicht durch größt- 
mögliche augenblickliche Anstrengung, sondern vielmehr durch eine 
kluge Verteilung der Arbeit auf den Tag, die Woche, das Leben, er- 
reicht. Diese wirtschaftliche Regulierung der individuellen Arbeits- 
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