DAS HOTEL- UND GASTGEWERBE
6. DIE TECHNISCHE GESTALTUNG DES
INSERATS
Das Hotel verträgt nach seiner Art und Geschichte keine
marktschreierische Reklame. Überhaupt muß jedweder Pro-
paganda gastgewerblicher Betriebe, seien sie groß oder klein,
immer eine gewisse Vornehmheit innewohnen. Der Gast-
gewerbetreibende darf und kann nicht „weiße Wochen“ oder
„spottbillige Tage‘ veranstalten, wie die Riesenbasare der
Großstädte. Er dürfte bei seinen Reklamen aber ruhig etwas
mehr Farbe auftragen, als es seither zu geschehen pflegte. Das
war es nämlich, was den Reklamen des Gastgewerbes, mit
glücklicheren Ausnahmen natürlich, anzuhaften pflegte: die
Farblosigkeit und Nüchternheit! Zuweilen sogar Gedanken-
iosigkeit.
Reklame muß anbieten, sich aufdrängen; sie darf sich nicht
suchen lassen. Jahrelang habe ich mir das Privatvergnügen
gemacht, Tageszeitungen und belletristische Zeitschriften nach
den Reklamen der Hotels und sonstigen Gaststätten zu durch-
suchen. Absichtlich sage ich: durchsuchen, weil ich fast immer
darnach suchen mußte, während Reklamen von der Art Odol-
Lingners mir mit überzeugender Schlagkraft von selbst ins
Auge sprangen. Erst kürzlich überzeugte ich mich beim
Studium einer großen Tageszeitung davon, daß sich darin wohl
wieder ungewöhnlich zahlreiche Hotelanzeigen befanden —
ein Beweis dafür, daß viele Hotelbesitzer das Wiedernotwendig-
werden der Reklame bereits erkannten — daß diese Reklamen
aber fast alle nach ein und derselben nüchternen Schablone
handwerksmäßig hergestellt waren.
Nur ein einziges Hotel fiel etwas aus dem Rahmen, aber
leider in einer Weise, die nicht gerade geschickt genannt
werden konnte. Seine Anzeige unterschied sich zwar in der
Aufmachung auch nicht von den übrigen Dutzendinseraten,