WIE SORGE ICH FÜR MEIN UND EIN GUTES ANDENKEN? 527
75. WIE SORGE ICH FÜR MEIN UND EIN
GUTES ANDENKEN?
In den ersten Jahren nach dem Weltkrieg haben die Hotels,
Fremdenheime und Gaststätten seltsame Dinge erlebt. Die „An-
denkenindustrie‘“ sah eine Blütezeit, die leicht zum Tode der
Betroffenen hätte führen können. Die Gäste waren von einer
wahren Sucht nach „Andenken“ beherrscht. Hotels, Fremden-
heime und Gaststätten schienen zur Börse geworden zu sein.
Messer, Gabeln, Löffel, Salz- und Pefferbehälter, Aschenschalen,
Mokkatassen, Sahnengießer, Zuckerschalen usw. waren be-
gehrt; mit Leidenschaft sogar begehrt, wenn sie aus Silber oder
Silberlegierung bestanden. Die Schuhe aller Art, die früher vor
den Zimmertüren ein beschauliches und nachdenkliches Dasein
geführt hatten, sahen plötzlich, namentlich wenn sie neu
waren, sehr „mitgenommen‘‘ aus. Die Gäste waren am Morgen
aufs höchste erstaunt und entrüstet, wenn sie entdeckten, daß
ihre Stiefel sich „verlaufen“ hatten, ohne daß sie an ihre Füße
gekommen waren. Dann wendete der feurige Sammeleifer, die
Andenkenleidenschaft, sich größeren Dingen zu. Kleinigkeiten
genügten den ins Große gehenden Ansprüchen nicht mehr.
Echte und unechte Teppiche, Tischläufer, Läufer, Portieren,
Fenstergardinen, Bettdecken und ganze Federbetten, Bilder,
Tintenfässer und Tischlampen schienen Held Siegfrieds Tarn-
kappe zu besitzen und konnten sich über Nacht unsichtbar
machen. So unsichtbar, daß selbst die schärfste polizeiliche
Spürnase nichts wieder von ihnen entdeckte.
Die Gäste kümmerten sich also mit erfolgreichem Eifer selbst
um ihre Reiseandenken. War es da ein Wunder, daß der be-
kümmerte Hotelbesitzer sich um Beschaffung hübscher und
neuer Andenken nicht mehr kümmerte, da den Gästen die Mit-
nahme der alten Sachen genügte? Dann hatte sich diese krank-
hafte Wut auf Andenken sozusagen totgelaufen, weil entweder