Full text: Die baltische Wirtschaft

POLENS HANDELSBEZIEHUNGEN MIT DEN 
SKANDINAVISCHEN UND BALTISCHEN LAENDERN 
ınd baltischen Staaten noch nicht die entsprechende 
Zntwicklung genommen, da es an einem entsprechend 
jrganisierten und umsichtig arbeitenden Handelsappa- 
at fehlt. Wenn diese Tatsache nicht zum kleinen Teil 
auf die geringe Aktivität des polnischen Kaufmanns zu- 
dickzuführen ist, so muß hinwiederum festgestellt wer- 
jen, daß in letzter Zeit eine stufenweise, aber deutliche 
Zesserung in dieser Beziehung eingetreten ist. 
usbesondere ist man gegenwärtig bemüht, den Kohlen- 
verkauf zu organisieren, welcher bisher in unkoordinier- 
er Weise, die die Planmäßigkeit und Regelmäßigkeit 
ler Lieferungen beeinträchtigt, erfolgte. Hervorgehoben 
u werden verdient ferner das steigende Interesse des 
oln. Kaufmanns für die baltischen Märkte, was im Zu- 
sammenhang mit dem kürzlich abgeschlossenen Han- 
lelsvertrag mit Lettland zweifelsohne zum konkreten 
Ausdruck kommen dürfte. Der Handelsvertrag mit 
„ettland war bekanntlich der Abschluß der Regelung 
ier Handelsbeziehungen mit. den genannten sechs 
„ändern, zu denen wir vorderhand Litauen nicht ein- 
jeziehen. Auch auf der anderen Seite begegnet Polen 
ıktiverer Mitarbeit, was erst letztens in den Bemühun- 
zen um die Organisierung einer polnisch-schwedischen 
Handelskammer sowie in dem Plan, ein ähnliches Insti- 
tut in Kopenhagen zu gründen, zum Ausdruck gekom- 
nen ist. 
Vom Staatlichen Exportinstitut in Warschtu wird 
ıns folgender Artikel zur Verfügung gestellt: 
Die weltwirtschaftlichen Beziehungen sind bisher 
jus dem Abschnitt der Konsolidierung und der Anpas- 
sung an das neue Kräfteverhältnis, wie es der Krieg 
sowohl im politischer als auch wirtschaftlicher Bezie- 
hung geschaffen hat, noch nicht herausgekommen. In 
Polen trat diese Erscheinung in ihrer Gesamtheit in- 
folge des zwei Jahre länger dauernden Krieges und mit 
Zücksicht auf die notwendige Wiederaufrichtung der 
nneren Wirtschaft aus dem Chaos, in das diese durch 
die Kriegsverwüstungen geraten ist, erst später als in 
anderen europäischen Ländern zu Tage, Man kans in 
Bezug aut Polen von seinem planmäßigen Eintritt in 
die Arena des internationalen Handels und von der kon- 
sequenten Gewinnung der unentbehrlichsten Absatz- 
und Bezugsmärkte erst seit kurzer Zeit sprechen. 
lichtsdestoweniger aber muß festgestellt werden, daß 
liese Aktion sich letztens in einem immer rascheren 
"empo entwickelt. Die Richtung der polnischen Wirt- 
chaftsexpansion wird immer deutlicher, Diese Er- 
cheinung ist besonders in letzter Zeit, nach Erlangung 
les äußerst großen. Vorteils, den der Zollkrieg mit 
deutschland für den allzu einseitigen Außenhandel mit 
ich brachte sowie nach der Vollendung der inneren 
Nirtschaftskonsolidierung‘ des Staates, beobachtet 
vorden. 
Von den Märkten, mit denen Polen zweifelsohne 
mmer besonders enge Wirtschaftsbeziehungen verbin- 
len werden, stehen an erster Stelle die skandinavischen 
ind baltischen. Die Bilanz des Warenumsatzes zwi- 
schen Polen und -den baltischen und skandinavischen 
Staaten gestaltete sich in den letzten Jahren wie folpt: 
1925 1926 1927 . 
import Export Import Export Import Export 
in Umlaufszioty nach der neuen Parität 
Schweden 23544 24480 18973 128109 58032 146248 13344 26841 
Norwegen 6081‘ 5712 6 177 12358 10664 9 244 7 130 5 340 
Dänemark 42948 40178 23982 88993 52 176 74201 13177 24714 
Estland 535 7 164 184 12 752 1 393 8 027 359 1611 
Finnland 3 2297 24925 721 44376 2267 19 536 441 3064 
Lettland 32170 57003 6 452 535874 21162 41 890 6043 15411 
I. Quartal 1928 
Import Export 
Diese Bestrebungen lassen die Hoffnung zu, daß 
die Festigung der Wirtschaftsbeziehungen in das Sta- 
Jium der Belebung zu treten beginat und rasch vor- 
wärts schreiten wird. Auf diese Weise wird der am 
Anfang unseres. Artikels erwähnte zweite Faktor ge- 
schaffen, der für die Realisierung‘ der Entwicklungs- 
möglichkeiten des Warenaustausches zwischen Polen 
und den Ostseestaaten unentbehrlich ist. Diese Reali- 
sierung widerum dürfte in nicht geringem Maße zur 
weiteren Besserung der Wirtschaftslage sowohl in 
Polen als auch in den skandinawischen und baltischen 
Staaten beitragen, 
Diese Zahlen sind bedeutend, erreichen sie doch in 
‚jelen Fällen fast 15 Prozent des gesamten polnischen 
\ußenhandels, Dagegen ist festzustellen, daß sie im 
Laufe der Vergleichsjahre auf keine ständige Tendenz 
hinweisen. Die Zahlen bewegen sich im allgemeinen 
nach oben, jedoch mit Schwankungen, .die sich durch 
die Aenderungen in der Wirtschaftslage Polens als auch 
seiner Kontrahenten nicht vollständig erklären lassen 
Der Grund hierfür dürfte in der ungenügenden Fühlung- 
nahme zwischen der Kaufmannschaft beider Länder zu 
zuchen sein, was eine Sporadität der abgeschlossenen 
Transaktionen, die zeitweise vollständig von der Kon- 
junktur oder gar von dem Zufall abhängig sind, zur 
Folge hat. Es ist eine bekannte Tatsache, daß es sich 
bei beständigen und sich auf einer gewissen Tradition 
stützenden Beziehungen teilweise als gut erweist, wenn 
mafı sich zwecks Erhaltung und Verengung dieser Be- 
ziehungen auf geringere Vorteile beschränkt. Zwecks 
Anbahnung solcher beständigen und von den vorüber- 
gehenden Konjunkturen unabhängigen Beziehungen ist 
die Mitwirkung zweier Faktoren notwendig. . Diese 
Faktoren sind erstens das Vorhandensein genügender 
Waren, die sich für.den Austausch eignen Sowie zwei- 
tens das Bestehen eines entsprechenden Handels- 
apparates, d. h. einer kaufmännischen Organisation, 
welche die Märkte der Kontrahenten gut kennt und mil 
ihnen auf soliden Grundlagen sich stützende Beziehun- 
gen unterhält. Was num die wirtschaftlichen Beziehun- 
gen Polens mit den skandinavischen und baltischen 
Staaten anbelangt, so ist das erste Moment zwar VOr- 
handen, das zweite dagegen in nicht. genügendem 
Maße. 
Von den durch Polen importierten Waren liefer| 
Schweden Fische, Erze, Mineralien, gewisse Teerarten, 
verschiedene Metalle und Maschinen sowie Gummier- 
zeugnisse, Norwegen Heringe, Mineralien und künst- 
liche Düngemittel, Dänemark eine Reihe von Ver- 
brauchsartikeln, technische Fette, Schrott und Auto- 
mobile, Estland Fische, Finnland Papier und Rohstoffe 
für die Papierproduktion, verschiedene Holzerzeug- 
nisse, Lettland Verbrauchsartikel, darunter Mehl und 
Fische, ferner Gummischuhe und Linoleum, Von den 
wichtigsten Artikeln, die Polen nach diesen Ländern 
exportiert, sind in erster Linie zu nennen. Kohle und 
Naphtha, d. s. Rohstoffe, mit denen Polen die dortigen 
Märkte ohne Zweifel auch in Zukunft immer billiger 
beliefern wird als irgendein anderes Land. Diesen do- 
minierenden Artikeln folgen als weitere Exportwaren die 
Erzeugnisse der Landwirtschaft und der Industrie, für 
weiche auf den skandinavischen und baltischen Märk- 
ten Nachfrage besteht und die dort bereits abgesetzt 
werden bezw. abgesetzt werden können. Diese kurze 
Charakteristik deutet auf ein bemerkenswertes Merkmal 
des polnisch-skandinawischen und polnisch-baltischen 
Warenaustausches, Dieser Austausch umfaßt — ins- 
besondere was den polnischen Export anbetrifft — ne- 
ben den Verbrauchsartikeln hauptsächlich Rohstoffe, 
also Produktionsmittel, deren Importsteigerung mil 
Recht als Wertmesser der günstigen Wirtschaftslage 
sowie der Belebung der Produktion bezeichnet wird 
Daraus ergibt sich, daß die beiderseitigen Wirtschafts- 
dıganismen sich gewissermaßen vervollständigen und 
der gegenseitige Warenaustausch für die Landespro- 
duktion keine Konkurrenz bedeutet, sondern . erstere 
vielmehr fördert, Aus der Tatsache, daß die dominie- 
zende Rolle im polnischen Export die Kohle spielt, er- 
klärt sich die für Polen aktive Bilanz dieses Warenaus- 
tausches. Es dürfte deshalb wohl auch nicht paradox 
anmuten, wenn wir feststellen, daß der für Polen aktive 
Saldo. in diesem Falle zur günstigen Entwicklung dei 
3ilanz seiner Kontrahenten beiträgt. 
Wie: bereits oben erwähnt, ha tder bisherige Wa- 
reuverkehr zwischen Polen und den skaudinavischen 
DIE WIRTSCHAFT IN DEN BALTIKUMLAENDERN 
7 500 qm errichtet und bildet nunmehr .das Gelände cin 
sinheitliches Bild. 
Die Weststaaten Europas, sowie Amerika und 
Kleinasien haben in vollem Maße die Wichtigkeit ge- 
rade dieser Messe anerkannt. Sie beschicken und be- 
suchen die Internationale Mustermesse in Poznan sehr 
ergiebig. 
Alle Waren, die hier ausgestellt werden, sind nicht 
nur für Poten, sondern für den Bedarf des Ostens 
jesonders zugeschnitten. Eine solche reichhaltige 
Ausstellung von landwirtschaftlichen Maschinen, wie 
sie in Poznan zu finden ist, wird wohl kaum eine andere 
Messe aufzuweisen haben. Gerade für dieses Gebiet 
zeigen alle Baltikumvölker das gleiche und gleichartige 
Interesse. In Poznan rivalisieren fast alle Lieferanten 
des In- und Auslandes mit neuzeitlichem Gerät, sowohl 
des Klein- wie des Großgrundbesitzers. Desgleichen 
finden wir in der Automobilbranche, Werkzeug- und 
Maschinenbranche., ; 
In Textilien und Konfektion sind die neuesten Mo- 
len zu haben, 
Galanterie, Papier, chemische sowie alle übrigen 
3ranchen belegen die geräumigen Messehallen und Pa- 
äste bis auf den letzten Platz. 
Der fortschrittliche Großkaufmann oder Leiter von 
Kooperativen, dessen Geschäft auf dem Im- und Export 
basiert, sollte nicht verabsäumen stets die Internationale 
Mustermesse in Poznan (Polen) zu besuchen, zuinal 
Fahrpreisermäßigungen immer zugesichert sind, 
M. Krzyzankiewicz. 
Seinerzeit wurden in der „B. Pr.“ schon die haupt- 
ächlichsten Posten des Budgetvoranschlags für das Jahr 
928/29 besprochen. Nunmehr liegen bereits die end- 
‚ültigen Ziffern vor, Diese erlauben einige allgemeine 
ichlüsse über die Finanzpolitik des Staates zu ziehen. 
Vachstehend geben wir eine Analyse der Einnahme- 
‚osten, wobei wir die Summen nicht nach den einzelnen 
Ministerien, sondern nach den Einnahmequellen grup- 
eren. 
Die Einnahmen für das laufende Wirtschaftsjahr 
‚tellen sich wie folgt zusammen. . 
1000 Lats % 
24 482,0 14,92 
62 336,0 37,98 
29 500,0 17,98 
7 677,0 4,68 
19 571,9 11,93 
Direkte und indirekte Steuern ergeben also zu- 
sammen ca. 52 Prozent der Gesamteinnahmen. Von 
den restlichen Posten sind die größten: die Einnahmen 
von Staatseigentum (Waldverkauf usw.), und von den 
Monopolen (Spiritus- und‘ Flachsmonopole). Der 
Staatskredit wird gar nicht in Anspruch genommen, da 
die vorgesehenen 40 000 Lat Einnahmen von Anleihen 
nur die Realisierung einer schon im Jahre 1921 emittier- 
ten inneren Anleihe bedeuten. . 
Verhältnismäßig große Summen erhält der Staat 
von seinen Unternehmungen. Im laufenden Jahre sind 
davon 14 Millionen Lat, resp. 8,57 Prozent der Ge- 
samteinnahmen vorgesehen. Die größten Summen er- 
geben die Staatseisenbahnen (7,2 Millionen), dann 
Telegraph, Telephon, und die Staatsbanken (die Lett- 
landbank, die Länderbank und die Staatliche Hypo- 
'hekenbank); außerdem arbeiten mit Verdienst auch 
ainige industrielle Unternehmen, von denen in erster 
Linie die Libauer Hafenwerkstätten zu nennen sind.‘ 
Fast alle Einnahmeposten sind ordentliche Einnah- 
men. Außerordentliche Einnahmen ergeben nur 3,9 
Mitlionen Lat, d. h. 2,41 Prozent des Budgets. Die 
außerordentlichen Einnahmen sind vom Verkauf von 
Wäldern außerhalb der jährlichen Ausholzungsnorm 
vorgesehen; .da die jährliche Schlagfläche jedoch sch! 
.. Direkte Steuern 
z. Indirekte Steuern 
3. Staatsmonopole 
+ Abgaben 
> Einkommen von Sta: 
eigentum 
5. Veräußerung von Staats- 
eigentum ; 389,6 0,24 
r Staatsunternehmen - 14 064,8 ‚8,57 
3. Anleihen | 40,0 0,02 
), Diverses 6 048,4 3,68 
Total 164 109,7 100.00
	        
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