Full text: Wirtschaftsgeschichte der deutschen Kolonien

VBierter Abschnitt. Die Schutzgebiete unter Mandatsverwaltung 
Kamerun, wo das Zahlenverhältnis ähnlich war 
— die Schutztruppe hat 200 Europäer und 2000 
Farbige gezaͤhlt, wozu noch 1200 farbige Frei— 
willige und einige Hundert eingezogene Europäer 
kamen — traten im Februar 1915 1140 Deutsche 
und 3900 farbige Soldaten auf spanisches Ge— 
biet über, wobei ihnen 45000 Eingeborene in 
Treue und Anhänglichkeit folgten. Ist Ostafrika 
focht Lettow mit einer Truppe von 260 Europäern 
und 2500 Mann, die er im Kriege auf 2400 
Weiße und 13000 Farbige brachte, vier Jahre 
ang gegen 180 Generale mit 800000 Mann. 
ind als'er schließlich auf heimischen Befehl nach 
Abschluß des Erzbergerschen Waffenstillstandes 
nit 155 Europäern, 1168 Askari und 1522 
Trägern am 10. November 1918 auf britischem 
hebiet die Waffen streckte, befand sich darunter 
ein einziges deutsches Gewehr oder Geschütz: 
ie ganze Truppe war seit Jahren mit eroberten 
xritischen und portugiesischen Waffen ausgerüstet 
zewesen und hatte nur noch eroberte Munition 
jerschossen! 
vpierter Abschnitt. 
Die Schutzgebiete unter Mandatsverwaltung 
Bekauntlich wurde Deutschland durch den 
Friedeunsvertrag von Versailles gezwungen 
im Artikel 119 zugunsten der alliierten und 
assoziierten Hauptmächte auf seine Kolonien zu 
oerzichten. Der bedeutendste britische Kolonial⸗ 
poluiter Sir Harry Johnston, der sich vor dem 
Kriege oft und gern als Bewunderer unserer 
Kolonialmethode bekannt hat, während des Krieges 
Iber dem Zweckverbande“ unserer Verleumder 
angeschlossen hatte, konnte noch 1916 nicht um⸗ 
hin, zu bekennen (Windsor Magazine, März⸗ 
ummer): „Wenn die Deutschen Teutsch-Ostafrika 
berlieren, wird es nicht die Folge irgendwelcher 
Verbrechen sein, die sie in Äfrika begangen 
haben ... Sie haben nicht allzuviel Rücksicht 
auf Rechte der Eingeborenen genommen, aber 
im allgemeinen haben sie diese nicht schlechter, 
ja, in einigen Beziehungen sogar besser behandelt 
als andere europäusche Mächte, die sich in der 
Kolonisation und Entwicklung des schwarzen 
Erdteils versuchten.“ Nicht anders war es in 
den übrigen Schußgebieten. Troßdem wagte der 
sehr ehrenwerte Woodrow Wilson auf, der Pariser 
Konferenz am 14. Februar 1919 die ruchlose 
Behauptung auszusprechen: „Zu den vielen be— 
trüblichen Enthüllungen der letzten Jahre hat es 
gehört, daß die Großmacht, die soeben glücklicher⸗ 
weise besiegt worden ist, unerträgliche Lasten und 
Ungerechtigkeiten den hilflosen Menschen in einigen 
der Kolonien auferlegt hat, die sie sich angegliedert 
hatte, so daß eher deren Ausrottung als deren 
Entwicklung von dieser Macht als ihr Interesse 
angesehen wurde ... Jest sagt die Welt und 
gibt dem Gebot ihres Gewissens in Gesetzesform 
Ausdruck: Dies hat ein Ende.“ 
Deutschland ist also wegen seiner Un— 
würdigteit und Unfähigkeit, Kolonien zu 
verwalten, aus der Reihe der Kolonialmächte 
ausgeschieden. Wie wenig Deuischland „unfähig“ 
waär, wird aus unserer Darstellung zu ersehen 
gewesen sein. Die Engländer, Gebrüder Meitle, 
die Deutsch-Ostafrika bereist haben, schrieben in 
ihrem Buche „After big game“: Man muß 
sich darüber wundern, daß die Deutschen in so 
kurzer Zeit so viel fertig brachten, und ihre prak⸗ 
ische Art und ihr geduldiger Fleiß lassen sich 
nit den allzu bedächtigen Methoden der Engländer 
n den Troͤpen kaum vergleichen.“ Ein anderer 
rẽngländer, L. Hamilton, schrieb 1918 in „United 
dnpire“; „Ist Deutschland in seinen Kolonien 
erfolgreich gewesen? Vor fünf Jahren wäre es 
—V— heute 
nuß sie von jedem ehrlichen objektiven Beurteiler 
nit Ja beantwortet werden.“ Und selbft die „Dé- 
gehe Coloniale“ bekaunte am 6. Oktober 1916: 
Unsere Leser entsinnen sich, daß wir von einem 
Tage zum anderen die Fortschrilte der deutschen 
dolonien und die beständigen Anstrengungen, sie 
ur Blüte zu bringen, verzeichnet haben, denn es 
däre kindisch gewesen, dies zu leugnen oder zu 
verschweigen. Durch das Aufblühen Togos, 
dameruns, Ostafrikas, ja sogar der kletnen 
eutschen Gebiete im Stillen Ozean, schließlich 
uuch Kiautschous, waren die Deuischen nahe da— 
an, den höchsten Rang unter den 
dosonialmächten einzunehmen.“ 
Mögen diese Zeugnisse hier genügen! 
Und wie steht es mit der Unwürdigkeit? 
Der Amerikaner Gibbons schreibt 1916 (317he 
ew map of Africa“): „Von allen europaischen 
Mäüchten hat nur Großbritannien soviel Mensch⸗ 
ichkeit und Idealismus bewiesen, wie Deuisch⸗ 
and bei der Errichtung und Aufrechterhaltung 
einer gerechten und aufgeklärten Kolonialherr⸗ 
chaft. Gerade jetzt ist es von außerordentlicher 
Wichtigkeit, daß dies jemand feststellt, bei dem 
nan Sympathien im gegenwärtigen Kriege für 
Deutschland nicht voraussetzen darf; aber Wahr⸗ 
seit bieibt Wahrheit. Nur auf Wahrheit kann 
Zie Zukuuft sich gründen. In Frankreich, in 
Belgien, in Portugal, in Italien, in Rußland 
ucht man vergeblich nach einem so weit ver⸗ 
reiteten und bedeutsamen Eintreten für das Wohl 
er eingeborenen Rassen, wie man es in Deutsch⸗ 
and findet.“ Ja, in der „american Review ot 
Feviewse erklärte 1913 E. R. Forbes rund heraus: 
Von allen Schutzherren in Afrika hat der deuische 
die reinsten Hände und die besten Aussichten!“ 
Wenn wir uns nun fragen, ob es nach unserer 
Zertreibung aus den Schutzgebieten dort besser
	        
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