Vorwort.
Die soziale Revolution in Rußland besitzt in mancher Be-
ziehung eine welthistorische Bedeutung. Diese Bedeutung
kommt ihr namentlich auch deshalb zu, weil sie zuerst den
Versuch unternahm, den Sozialismus aus der Höhensphäre
eines leuchtenden Zukunftstraums in den Bereich der nüch-
ternen Wirklichkeit zu überführen. Sie redete nicht bloß
vom Sozialismus, sondern setzte ihn in die Tat um.
Dadurch zwang die russische Revolution die National-
Ökonomen endlich, über den Sozialismus als Problem eines
realen Aufbaues ernstlich nachzudenken. Die Sozialisten
selbst beschäftigten sich, dem Beispiele Marxens folgend,
mit dieser Frage nicht. Aber auch ihre Gegner sannen die-
sem Problem nur wenig nach, — so wenig real erschien
as ihnen.
Die in der vorliegenden Schrift niedergelegten Gedanken
reiften bei dem Verfasser in Petrograd während der furcht-
baren Jahre des Aufbaus des Kommunismus. Weder hielt
der Verfasser damals für möglich, diese Gedanken schrift-
lich darzulegen, noch hegte er die Hoffnung, sie einmal
einem größeren Kreise mündlich. vortragen zu können. Es
gab allzuviel Wahrscheinlichkeiten, durch Hunger, Kälte,
Flecktyphus oder durch die Hand der Tscheka aus dem
Leben fortgerafft zu werden. Allein dem Verfasser glückte
es, diese unselige Zeit zu überleben. Ende 1920, als der
Sieg an den verschiedenen Fronten des Bürgerkriegs sich
offensichtlich der Revolution zuzuneigen anfing, hat.der
Druck des terroristischen Regimes in Petrograd etwas nach-
zelassen. Die Intellektuellen kamen nach und nach aus
ihren Verstecken heraus, sie erhielten selbst die Möglich-
keit, sich hie und da zu versammeln und Worte zu wech-
seln, sei es auch nur unter sich.
Es war ein feuchter, regnerischer Abend Ende August
1920, als ich vor einer Versammlung erschönpfter und aus-
n