uns kann es sich nur darum handeln, die charakteristischen Züge der See-
fischerei wiederzugeben, damit man mit ihrer Hilfe ein annähernd richtiges
Bild von dem Produktionswert des Meeres erhält.
Unter allen Ozeanen steht an wirtschaftlicher Bedeutung der Atlantische
Ozean obenan. Seine eigene Produktivität kommt vor allem in dem Fisch-
reichtum zur Geltung. Der wichtigste Fisch, der im Nordatlantischen Ozean an
den Küsten Irlands, Schottlands, Norwegens, Islands, Neufundlands, auch an
schwedischen, dänischen und deutschen Küsten gefangen wird, ist der Hering.
Weißes Meer und Kaspisches Meer sind reich an Heringen. Die Hauptsitze
der großen britischen Heringsfängerei sind in Schottland, wo an der Ostküste
die Heringshäfen Wick, Fraserburgh und Peterhead liegen; in England ist
Great Yarmouth bedeutend. Als die besten Heringe gelten die isländischen
und holländischen, die in der Nähe der shetländischen und orkadischen Inseln
gefangen werden. Außer Großbritannien und Irland sind an dem Herings-
fange Norwegen und in weit geringerem Maße Deutschland und Schweden be-
teiligt. All diese Länder fangen des Jahres etwa drei Millionen Faß (1 Faß
im Durchschnitt zu 125 kg), wovon Deutschland der beste Abnehmen ist.
Die deutsche Heringsfischerei muß noch mehr entwickelt werden.
Reichlich 10 Mill. Mk. beträgt ihr jährlicher Wert und acht- bis zehnmal mehr
zahlen wir jährlich dem Ausland allein für Salzheringe.
Der Heringsfang ist sehr alt. Schon die Kelten und germanischen Küsten-
stämme betrieben Heringsfang. In den Muschelhaufen oder Kjökkenmöddinger
Dänemarks zeigen sich neben den Fischgräten von Schollen, Dorsch, Aal auch
solche von Heringen. An den Heringsfang knüpft sich die Blüte der Hansa
an. Der Verbrauch an Heringen stieg, als man das Einsalzen oder Pökeln
des Herings verstand, Dies soll der Holländer Beukelsens am Ende des
14. Jahrhunderts erfunden haben; indessen wird diese Konservierungsmethode
schon um 1300 in hanseatischen Urkunden erwähnt. Auf alle Fälle ist aber
die Einsalzung des leicht verderbenden Fisches noch viel älter, wie aus der
skandinavischen (altnordischen) Bezeichnung „‚silt‘‘ geschlossen werden kann;
denn dieser Name ist weit nach Osten gewandert (russisch „selidi‘‘, „seledka‘“‘,
litauisch „silke‘“, altpreußisch „sylecke‘‘, finnisch „,sill“), was auf einen weit
verbreiteten Heringshandel hindeutet, Uebrigens verstanden schon die alten
Griechen das Einpökeln der Fische im großen.
Von mindestens ebensogroßer Bedeutung wie der Heringsfang ist der
Kabeljaufang auf den großen Meeresbänken, so auf der Lofotbank an
der norwegischen Küste, der Doggerbank in der Nordsee, in den isländischen
Gewässern und namentlich auf der großen Neufundlandbank. Hier ist,
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