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Mit dem Erlass eines Ausführungsgesetzes über die Alters- und Hinter-
lassenenversicherung zieht der Bund das Gesetzgebungsrecht in dieser Materie
an sich. Die Kantone sind in ihr nur noch zuständig, sofern und soweit der
Bund es ihnen im Ausführungsgesetze zugesteht. Vorbehalten bleiben die
Beamtenversicherungen der Kantone und Gemeinden, welche auf der ihnen
verbleibenden Kompetenz zur Regelung des Arbeitsverhältnisses ihrer Dienst-
pflichtigen beruhen sowie die Armenpflege.
Die Frage, ob im Bundesgesetze eine Zuständigkeit der Kantone, eventuell
mit der Möglichkeit der Delegation an Gemeinden, zur ergänzenden Gesetzgebung
über Alters- und Hinterlassenenversicherung vorzubehalten sei, sowie diejenige,
in welehem Umfange und unter welchen Bedingungen dies zu geschehen habe,
sind demnach solche der Zweckmässigkeit. Sie sind unseres Erachtens ent-
schieden zu bejahen.
Die allgemeine Volksversicherung des Bundes muss aus organisatorischen
Gründen, und damit eine Risikoausgleichung zwischen den verschiedenen
kantonalen Versicherungskassen möglich sei, mit einheitlichen Beiträgen und
einheitlichen Versicherungsleistungen arbeiten, wenigstens soweit diese letz-
tern aus den Beitragseinnahmen bestritten werden. Wenn auch die rechtlichen
Zuwendungen des Bundes und der Kantone an die Versicherung gestatten
werden, im Durchschnitt ganz ansehnliche und wertvolle Leistungen auszu-
richten, wobei die örtlichen Verhältnisse berücksichtigt werden können, So
kann doch eine Einheitsorganisation einer Reihe, von Sonderbedürfnissen
nicht ganz gerecht werden. Besonders in industriellen Gegenden mit teureren
Lebensverhältnissen werden breite Schichten Versicherungsleistungen wün-
schen, die über diejenigen der allgemeinen Volksversicherung hinausgehen,
und auch die nötigen Mittel zu ihrer Begleichung aufbringen können. Im Rah-
men der allgemeinen Versicherung ist, wie gesagt, die Berücksichtigung dieser
Sonderinteressen nicht möglich. Hier soll die Zusatzversicherung der Kantone
eingreifen.
Man wird vielleicht geltend machen, das durchschnittliche Bedürfnis sei
durch die Volksversicherung des Bundes gedeckt, und man solle die Berück-
sichtigung weitergehender Erfordernisse der privaten Initiative, sei es des
einzelnen oder ganzer Gruppen, eventuell in Verbindung mit den Arbeitgebern,
überlassen. Dieser Einwand ist grundsätzlich nicht unberechtigt und wir haben
selber bei der Würdigung unseres Versicherungsprojektes auf die Wünsechbar-
keit und Notwendigkeit ergänzender Privatversicherungen und Einrichtungen
der Arbeitgeberfürsorge hingewiesen. Die kantonale Zusatzversicherung will
und soll jedoch nicht in dieses Gebiet eingreifen, sondern nur das etwas weiter-
gehende Bedürfnis gewisser Gegenden und Kreise unserer Bevölkerung be-
friedigen, das bei anderer ‚Organisation durch die allgemeine Versicherung
hätte befriedigt werden können. Auch die Zusatzversicherung ist immer
noch Sozialversicherung, bestimmt, gewissen Bevölkerungsgruppen die Vor-
sorge für das. Alter und die Hinterlassenen in einem ihren besondern Lebens-
verhältnissen angepassten Umfang zu erleichtern.